SPEYER

Erster Teil

So, wir verirren uns jetzt mal in Speyer. Nettes Städtchen, Stallgeruch: Mittelalter. Weihrauch. Die Glocken dröhnen. Touris in Scharen. Gleich um die Ecke: Wein und Bier und härtere Alkoholika. Es triumphiert die Gegenwart, besichtigt wird die Vergangenheit. Von ihr lebt das Städtchen. Schon im Zentralbahnhof schimmern die Baukünste vergangener Zeiten in unbekannter Ferne.

In der Ferne: St. Joseph und Gedächtniskirche
In der Ferne: St. Joseph (re.) und Gedächtniskirche

Was weiss ich, was da so abging und abgeht in Speyer. Gut bürgerlich zeigt der Ort sich allemal. Alles ist brav und sauber, alles funktioniert bestens und auf demokratische Weise. Vordringlich sind Geschäftemachereien, und sei es nur der Verkauf eines Entenspießes. Eis am Stiel ist zurzeit gefragter denn je. Rechtsstreitigkeiten interessieren nicht, das verhandeln Juristen. Was sollten wir auch im Amtsgericht zu Speyer. Oder im Grundbuchamt. Im Stadtarchiv. Oder im Rathaus. Bei hohen Kommunalpolitikern. Und bei ihren Top-Sekretärinnen. Mit ihnen bandelten wir dann an, zumindest versuchshalber, und – oh Überraschung – man trifft sich in Binsfeld im Forum und verbringt dort eine durchzechte Nacht. Womöglich mit anschließender Schwangerschaft. Der Geist des allzu langen Mittelalters kam hernieder in Form eines modernistischen Meisters aller Bürger, er bekannte sich zur Vaterschaft! Das ist rechter Humbug, die Angestellten haben’s nicht mit Weibern, sie sind verheiratet, da muss sich eine Top-Sekretärin anderswo umsehen. Falls jung und unvermählt, also frei. Die Wahl der Liebespartner obliegt ihren Empfindungen. Ihren Gefühlen. Ihren Erfahrungen. Die waren nachhaltig genug. Da musste Lehrgeld entrichtet werden. Manche Freier sind eben richtige Arschlöcher. Ohne Empathie. Sex allein schafft keine Glückseligkeit. Etwas mehr wäre angebracht. Liebe, wer spricht schon von Liebe, wenn es um Sex gehen soll. Kümmerlich. Dann lieber selbst gemachtes Eis aus irgendwo bei Otterstadt. Für 90 Cent die Kugel, Auswahl reichlich. Gleich hinterm Bahnhof beginnt der Park von Konrad Adenauer⇓:

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Der Park beherbergt den Alten Friedhof und die Kapelle zu ›Unserer Lieben Frau‹⇓:

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Links im Hintergrund ein tanzender halb nackter Jüngling, im Vordergrund rechts eines von zwei lieblichen Mädchen, die sich gegenseitig fotografieren. Am Wegrand ihre Habseligkeiten. Der Garten macht seinem Namen alle Ehre, der Friedhof liegt im friedlichen Abseits⇓:

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Andernorts gemeisselt in Buntsandstein steht zu lesen: ›Diese Gruft hab ich erlesen, ◊ das darinnen soll verwesen ◊ mein und meiner Gattin Leich, ◊ samt 3. Kindern erster Ehe, ◊ die ich noch am Leben sehe, ◊ hab ich 7. Kinder gleich ◊ samt der Mutter nicht zur Seiten ◊ werden wir doch einst in Freuden ◊ uns zusammen nahe sehen ◊ und dem Lamm entgegengehen … Das läuft nun endlos so weiter und ist gespickt mit Geburts- und Sterbedaten, die kaum noch zu entziffern sind.

Die Anfang der 50er Jahre von Franzosen und Deutschen erbaute ST. BERNHARD FRIEDENSKIRCHE ist vom Adenauer-Park aus zu sehen⇓:

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Ach, von Speyer gäbe es so viel zu erzählen, vom HEILIGEN GUIDO, vom Freundeskreis SPEYER-POMPOSA, vom Architekten LUDWIG IHM, vom Platz der Stadt YAVNE, vom schönen Fachwerkhaus am WILLY-BRANDT- Platz⇓:

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Da machen wir uns auch übers sog. ALTPÖRTEL her, das Städtische Haupttor im Westen von Speyer aus dem 13. Jahrhundert mit der Uhr aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, da darf natürlich die Deutsche Flagge nicht fehlen, zumal vor kurzem in Deutschland der allgegenwärtige Fussball regierte⇓:

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Unser Irrweg führt zu St. Joseph, dem »Denkmal des ›alten Glaubens‹«⇓:

Weitere Informationen zu St. Joseph: VERLAG SCHNELL & STEINER GMBH REGENSBURG (www.schnell-und-steiner.de).

Wir wenden uns der Gedächtniskirche (Prot. Gedächtniskirchengemeinde, erbaut um 1900) zu⇓:

Am Gymnasium am Kaiserdom aufschimmert die Moderne⇓:

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Die Signaturen zu den oben gezeigten Tafeln (jeweils Ausschnitte), v.l.n.r.⇓:

Das ist doch sehr Jackson Pollock (1912-1956) auf speyerisch! Einen Kunsterzieher als Fan rekrutieren, das gelingt nur Spitzenkünstlern! Das war am Schulplätzel⇓:

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Die Arbeiten im Schulhof und im Eingangsbereich sollen nicht übergangen werden, sind Wandmalereien und schulisch erarbeitete Gebäudeverschönerungen doch länderübergreifende Praxis im Lehrbetrieb der Schulen in Deutschland⇓:

Speyer ist zu groß und zu kaiserlich, als dass es jemals fallen könnte⇓:

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Zweiter Teil

Es stellt sich vielleicht die Frage: ›Wie in Gottes Namen nur kommen wir nach Speyer? Und warum?‹

Für Radwanderer und Strampler-Enthusiasten mag die Antwort banal sein; von Mannheim nach Speyer, oder umgekehrt, oder hin und zurück, oder eine Strecke mit der Regionalbahn, mit dem Rad bei schönem Wetter wohlgemerkt: ist ein Streckengenuss! Der Rhein führt zurzeit zwar leichtes Hochwasser, die Auen sind überflutet, der Schiffsverkehr aber läuft normal. Auch die Fähre bei Altrip ist betriebsbereit. Die angrenzenden Auwälder sind nicht begehbar⇓:

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Vor oder hinter Speyer, ja nachdem wie man’s nimmt, bietet sich ein kaiserlich-phantastisches Bild, im Vordergrund der Gebäudekomplex von Sea Life Speyer⇓: 

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Gleich geht es weiter …

Dritter Teil

Von wegen verirren – plötzlich fanden wir uns in unschönen urbanen Gegenden wieder⇓:

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Dies in unmittelbarer Umgebung zum Kloster der Dominikanerinnen zu St. Magdalena aus dem beginnenden 13. Jahrhundert, der Wirkstätte von Dr. Edith Stein, die in Auschwitz am 9.8.1942 starb⇓:

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DSC00935DSC00937»Im Gedenken an die SELIGE EDITH STEIN und an ihre Zeit, in der sie in Speyer lebte und des Öfteren über diese Brücke ging, wurde diese Nikolausfigur (re.) auf Initiative des Verkehrsvereins Speyer gestiftet und aufgestellt am 6. Dezember 1993.«

Im Klosterareal befindet sich eine Stele, eine Edith-Stein-Stele, die 1987 vom Domkapitel gestiftet wurde. Edith Stein unterrichtete von 1923 bis 1931 als Lehrerin am Mädchengymnasium. Sie wurde 1987 selig und 1998 heilig gesprochen. Die Philosophin wird als Brückenbauerin zwischen Religionen verehrt. ›Sie starb als Märtyrerin.‹

Hinweis:

Das ehemalige Zimmer von Edith Stein ist für Besucher zugänglich, ›es ist ein Raum der Stille und der Meditation‹. Weiteres Angebot: Ton-, Bild- und Dauerausstellung.

 Vierter Teil

Zwischendurch einige Impressionen vom Rheingestade aus⇓: 

Fünfter Teil

Am Nacktbadestrand⇓:

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Sechster Teil

Der Radweg zwischen Mannheim und Speyer verläuft meist entlang des Rheinhauptdeiches. Zu beachten ist, dass bis Ende 2014 bei Binshof am Deich gearbeitet wird, zwischen Autobahnbrücke A61 und Bundeswehr Wasserübungsplatz Reffenthal. Da müssen Umwege in Kauf genommen werden. Dafür strampelt man durch Binshof am Forum Weberhof vorbei⇓:

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Kollerfähre
Kollerfähre

Wenn man Speyer per Rad Richtung Mannheim/Ludwigshafen verlassen will, fährt man sinnigerweise um den Dom rum Richtung Sea Life, denn dort erreicht man den Radwanderweg zu den beiden Fähren nach Baden-Württemberg: Die Kollerfähre bei Brühl (B-W) und Altrip (R-P).

DSC00614Wir verlassen also Speyer – sprich DOM – und landen im Vorort SEA-LIFE, einem Touristenmagnet. Der hat es uns zumindest fotografisch etwas angetan. Moderner Baustil, viel Luxus – in diesem Areal Allgemeingut – schönes Wetter, Wasser, weit im Hintergrund Auenlandschaft (B-W). Wir hatten in letzter Zeit geschlagene drei Fahrten per Rad nach Speyer, weil es sich so schön fährt und man in Altrip an der Fähre so bourgeois einkehren kann. Da kann SEA-LIFE nicht mithalten, für Auswärtige wie mich gibt’s da nur zu Knipsen.

Speyer/DOM
Speyer/DOM

Das macht ja fast nichts, die Tour geht weiter. Wir verlassen das touristische Speyer. Der DOM bleibt zurück und Landschaft macht sich breit. Die unten anschliessenden Bilder wurden an verschiedenen Stellen entlang des Rheinhauptdeiches geschossen. Der Wanderweg wird stark genutzt; er ist Teil des Rheinradweges, der nicht nur Worms mit Speyer verbindet. Auch von Karlsruhe aus fährt man locker über Speyer in die Rheinland-Pfälzische Landeshauptstadt nach Mainz.

In der Höhe von Otterstadt müssen wir uns entscheiden: Über die L535/L630 (hier ist B-W auch mal linksrheinisch) rüber nach Brühl oder weiter ins nördlich gelegene Altrip mit dem herrlichen Rhein-Panorama des Grosskraftwerkes Mannheim. An den riesigen Industrie- und Energieklötzen (z. B. Philippsburg, BASF) führt eh kein Weg vorbei. Vielleicht mit dem U-Boot den Rhein hinauf oder hinunter. Wir fahren Altrip, da gibt es immer was zu tun: Essen, quatschen, Fotos machen …

Blick zurück auf Otterstadt
Blick zurück auf Otterstadt
Saugbagger Nähe Altrip
Saugbagger Nähe Altrip
Lebloser Feldhase auf dem Radweg
Lebloser Feldhase auf dem Radweg
Privates Hafengelände
Privates Hafengelände mit Goldrute
Die Fähre bei Altrip wird entladen
Die Fähre bei Altrip wird entladen
Baggersee-Panorama
Baggersee-Panorama
Naives Wandgemälde in Speyer
Naives Wandgemälde in Speyer

ENDE!