Weil ich der Deutschen Sprache kaum mächtig bin, lasse ich Norbert den Vortritt. Irgendwann vor kurzem im August 2015 erhielt ich von ihm ein avisiertes Päckchen, darin ein Brief:
«Hallo Franz! Anbei das versprochene Info Material. Zur Zeit viel Agitprop in Sachen Büchner. Viel Organisationskram, wenig zum Künstlern. Halt viel auch Auf- und Abbau der Ausstellung und Eröffnung mit Politik-Sprech. (…) Kaum dass ich mal zur Zeit sechs Wochen im Atelier bin. Im September geht der ganze Zirkus wieder los. Z. B. Oktober 2015: 2. – 3.10 Köln / 7.10. Berlin / 12. – 14.10. wieder Berlin etc. … Ansonsten geht’s gut, habe eine neue Liebe in Dortmund gefunden und werde demnächst nach Dortmund umziehen, sobald ich da ein Atelier gefunden habe. Wir telefonieren mal … Herzliche Grüße Norbert»
Im Diakonie Magazin Ausgabe Januar 2014 findet sich unter der Schlagzeile «Kunst, die sich mit der Politik reibt» auf den Seiten 10 – 13 ein Gespräch mit Klaus Staeck, Norbert Koczorski und Andreas Pitz über eine Ausstellung zu Armut und Obdachlosigkeit auf Postkarten (Mail Art). Das Interview führte Hannes Langbein.
Norbert Koczorski (Zitat) zur Mail Art-Ausstellung:
«Sie brauchen ja nur einmal den Fernseher anzuschalten. Damals war die Occupy-Bewegung in aller Munde. Und als ich die Börsianer an der Wall-Street mit ihren Champagnergläsern stehen sah, während unter ihnen die Demonstranten gegen die Finanzkrise demonstrierten, da ging mir die Hutschnur hoch!»
Aber zurück ins 20. Jahrhundert, nach Darmstadt, zu Heinz-Günter Herpel und dessen Freiraum „Kunstpunkt“. Dort anno 1994 liefen wir uns über den Weg. Norbert mail artete schon damals.
Der Ernst des Lebens begann für uns beide in diesem Jahr in Basel, mit unserer gemeinsam geplanten und durchgeführten Performance Boxhenge in Zusammenarbeit mit Alexander Sutor und Jogi Weis, der uns seinen Trabant zur Verfügung stellte:
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Für den Samstag, den 7. November 1998 organisierte Norbert Koczorski zum 4. Rheingauer Kunstgespräch in Geisenheim ein Happening mit dem Titel «Lügendes – Müllbild».
Dem Antrag von Norbert Koczorski, gestellt an das Ordnungsamt der Stadt Geisenheim am 3.8.1998, wurde mittels einer Sondernutzungserlaubnis vom 3.11.1998 stattgegeben.
Im Archiv bei mir lagert so einiges, was reproduzierbar ist, auch zwei Erinnerungsfotos mit dem in Geisenheim wohnenden Karl Dilly, der als Akteur die Performance bereicherte⇓:
Im Rheingau Echo vom 12.11.1998 stand unter „Lügendes Müllbild“ von Franz Bellmann als Performance u. a. zu lesen:
«Die Aktion sollte die Müllflut in der westlichen Zivilisation am Beispiel der Aluminiumdosen verdeutlichen und das öffentliche Bewusstsein für die Umweltproblematik schärfen, der jeder im alltäglichen Leben ausgesetzt ist. In Amerika, dem Herkunftsland der Getränkedosen, ist in der Zwischenzeit ein 5-Cent-Dosenpfand eingeführt worden, was die gedankenlose Wegwerfmentalität ein wenig eindämmen hilft.»
Postkarten Mail Art aus der Serie „Strich-Mann“ zur Vorbereitung der Performance in Geisenheim⇓:
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Als Vorläufer zum Dosenauftritt moderierte Norbert Koczorski zwei Rheingauer Kunstgespräche. Eröffnet wurde die Reihe mit Klaus Wettstein: «Die schwierige Abtrennung der Köpfe». Es folgte Hans-Leo Rohleder mit einer Video-Performance «Nachdenken über das Nachdenken».
Wichtige Verknüpfungen im Internet zu Norbert Koczorski⇓:
Zum vorläufigen Ende zitiere ich Norbert Koczorski (Ausstellungskonzept) aus dem Katalog «Friede den Hütten! Krieg den Palästen», ein Mail-Art-Projekt zum 200. Geburtstag Georg Büchners:
«Ende der Achtziger Jahre sah ich zum ersten Mal eine Mail-Art-Karte von Aloys Ohlmann bei einem Freund im Atelier. Spontan schickte ich darauf hin Aloys meine erste selbst gestaltete Mail-Art-Karte zu. Wie es in der Mail Art üblich ist, werden alle Adressen von Mail Artisten veröffentlicht, die sich an Projekten beteiligen. So fand ich schnell viele Freunde in der weltweiten Gemeinschaft der Mail Artisten.
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WIR arbeiten vielleicht morgen daran weiter, DieRedaktion.
Refugees welcome: Strassenfest vor der Asylbewerber-Unterkunft Mannheim am 03.03.2012
Bis 17:00 Uhr fand am Samstag vor der Unterkunft unserer Asylbewerber ein Strassenfest zur Solidarität mit Flüchtlingen statt, am Rande Mannheims, in der Pyramidenstrasse/Ecke Industriestrasse. Ein umfangreiches Programm … mit Buffet & Getränken (kostenlos), Informationen und Ausstellungen, Redebeiträgen und Workshops … gestaltete den Nachmittag. Für die Veranstaltung machten sich mehrere Institutionen stark, u.a. Bündnis gegen Abschiebungen, Freie Flüchtlingsstadt – KulturQuer-QuerKultur Rhein-Neckar e. V., Save-me-Kampagne MA … und viele andere UnterstützerInnen.
Hier einige ausgewählte Schnappschüsse, fotografiert um die Mittagszeit, DieRedaktion.
Von links oben nach rechts unten: Denise vom Kritischen Kollektiv MA-Mainz, kein Einweggeschirr, rollende, holzbefeuerte Suppenküche, Gäste vor der Unterkunft der Asylbewerber, offene Fahrradwerkstatt mit kostenlosen Reparaturangeboten, Nico und Till, die Radspezialisten. Blick in die Werkstatt, Spielwiese hüpfen.
Rückblick: darmstädterkulturnachrichten – Die Stadtillustrierte April 1994, unter Ausstellungen und Galerien war u. a. zu lesen: „Umweltpreis für Dosenkunst“
… Franz Bellmann, Mannheimer Maler, Dosen- und Umweltkünstler stellt vom 29. April bis 08. Mai einen Teil seiner Performance „Dosenglück“ vor. Als Premiere zeigt Bellmann einige seiner Dosenstelen, etwa ein Dutzend, die als Stalaktiten und Stalagmiten dem Ausstellungsraum einen höhlenhaften Charakter verleihen. … (Der umfangreiche und informative Artikel, aus dem obiger Auszug stammt, wurde von Heinz-Günter Herpel verfasst, die April-Ausgabe liegt uns vor, die Präsentation organisierte der Freiraum „Kunstpunkt“ am Riegerplatz in Darmstadt, leider haben wir zu diesem Ereignis keine Fotos, DieRedaktion.)
Obige Aufnahmen mit freundlicher Genehmigung von Matthias Plath, DieRedaktion.
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Obige Aufnahmen mit freundlicher Genehmigung von Manfred Rinderspacher, DieRedaktion.
Franz zusammen mit Bernhard im Luisenpark. Die Fotos auf dieser Seite gehören – sofern nichts anderes angegeben – Irene Kupsch und Bernhard Wondra, mit Ihrer freundlichen Freigabe, DieRedaktion.
Malerfreund Uwe – hier links im Bild – kam gestern (11.02.2012) zu mir ins Atelier. Im Bild oben bei einer Malvorführung in der Alten Hauptfeuerwache in Mannheim. Völlig überraschend. Ein nicht erwarteter Besuch. Lange haben wir philosophiert, bis uns der Appetit nach Spaghetti überkam. Nun, auf ins Salerno.
Literat und Kunstsachverständiger Meinrad Braun bei der Lesung im Ausstellungsraum von Gerd Reutter am 17.04.2011.
Der Schriftsteller Klaus Servene und Werner Traschütz nach der Lesung von Meinrad Braun im Ausstellungsraum von Gerd Reutter am 17.04.2011.
Bildbetrachtung: Opa Karl mit seinem Enkel Paul vor „Der Ball ist runder“, einer Hommage an Sepp Herberger, Foto Matthias Plath.
Spannendes Video? Bei Gerd Reutter im Atelier.
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Das Schaffen in Bildern
Seit 1974 hatte Bellmann zahlreiche Einzelausstellungen, Ausstellungsbeteiligungen und Projekte in Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz. Angefangen hat der Künstler mit Walzbildern in Öl auf Leinwand, gearbeitet mit der Farbrolle. Der Walzbilderperiode folgte figürliche Malerei (Öl auf Papier), dann die Abkehr von einer klar und deutlich wiedererkennbaren Mal- und Kunstrichtung.
Neben mehreren Ausstellungen regionaler Art war die Präsentation im Städtischen Museum in Worms ein weiteres absolutes Spitzenereignis. Dazu zählt die Mannheimer Plattfahraktion in Zusammenarbeit mit dem Landesmuseum für Technik und Arbeit (LTA) – heute Technoseum genannt, die grosse Bilder- und Dosenvorstellung mit der Künstlergruppe DaMaKa im Mannheimer Rathaus und so weiter und so fort. Siehe auch Berichte und Artikel unter Home.
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UMBERTO BOCCIONI
Technisches Manifest der futuristischen Bildhauerei (Eine Proklamation wird hundert Jahre alt)
1912, ausgezogen und geändert: 1994, veröffentlicht am 13.02.2012
„Die Plastik bietet heute in allen Städten Europas, in Denkmälern und Ausstellungen, ein so bemitleidenswertes Schauspiel an Barbarei und phantasieloser Nachahmung, dass sich mein futuristisches Auge mit tiefem Ekel von ihr wendet!“
„In der Plastik eines jeden Landes herrscht eine blinde und törichte Nachahmung der aus der Vergangenheit ererbten Formeln, eine Nachahmung, die durch eine feige Tradition und eine feige Leichtfertigkeit noch ermutigt wird.“…
…“In den germanischen Ländern finden wir eine abgeschmackte Gotik, die von dem deutschen Professorenklüngel in Berlin industrialisiert oder in München durch eine Verweichlichungskur kraftlos gemacht wird.“…
… „Die Bildhauer müssen sich von folgender absoluter Wahrheit überzeugen: Wer heute noch mit“ Konstruktivismus, Kubismus, geschweissten Plastiken Grenzübertritte zu initiieren glaubt, ist Traditionalist, der gewissermassen den Akt kopiert.
…“Der Aufbau der futuristischen Plastik wird architektonisch sein, nicht nur hinsichtlich der Konstruktion der Massen, sondern der Plastische Block wird in sich die freizügigen Elemente der plastischen Umwelt tragen, in der der Gegenstand lebt.“
„Selbstverständlich werden wir eine Umwelt-Plastik schaffen!“
„Werfen wir also alles über den Haufen und proklamieren wir die absolute und vollständige Abschaffung der endlichen Linie, reissen wir die Figur auf und schliessen wir die Umwelt mit ein“, dass der Werbespot Eure Hirnwindungen nicht mehr verleimt und dass Ihr Marionetten Eure Unfreiheit durchtrennt und aus: „You can’t beat the feeling“you can … wird!
„Wir proklamieren, dass die Umwelt als eine Welt für sich und mit eigenen Gesetzen am bildnerischen Komplex teilhaben muss;…“
…“Keine Angst ist dümmer als die, die uns fürchten lässt, die Kunstgattung, die wir ausüben, zu überschreiten.“
Mannheim, März 1994
Verantwortlich für Auszug und Änderung: DieRedaktion
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HOFatelier
Die Gruppe „HOFatelier“ existiert seit Anfang 2004. Ihren Ursprung hatte sie in einem Kurs für Ölmalerei in der Familien-Bildungs-Stätte, Mannheim. Seit 2005 treffen wir uns regelmäßig in der Jungbuschstrasse 17, wo auch die Künstlerinitiative LABORATORIO17 zuhause ist . Wir gründeten das „offene Atelier“ und nennen uns „HOFatelier“. Unser „künstlerisches Zuhause“ mit viel Platz, Licht und Freiheit wurde uns über den Gemeinschaftszentrum Jungbusch angeboten.
Christel Heybrock findet im Mannheimer Morgen vom 27.04.2011 “Zwei Männer im Kontrast“
“Gerd Reutter (Homepage) und Franz Bellmann zeigen in Mannheim neue Arbeiten“ Gemeinsame Ausstellung vom 02. April bis 08. Mai 2011
Gerd und Franz im Ausstellungsraum Reutter in der Kleinfeldstrasse 50
“Das Verbindende ist das Konträre“, der Kontrast spiegelt sich in den Keramiken von Gerd Reutter und den Müllbildern von Bellmann, die Verbindung fand sich in einer langjährigen Bekanntschaft und der daraus im Laufe der Zeit entstehenden Freundschaft und Zuneigung…
“Zur Eröffnung hatte Bellmann einen sagenhaften Überraschungsauftritt, der fast an die glorreichen Zeiten erinnerte, in denen er als Performancekünstler im scheppernden Getränkedosen-Outfit die Straßenpassanten erstaunte“.
Dieser Auftritt kann auf dieser Webseite im Themenbereich unter Videos angesehen werden. Zum Abschluss noch ein Ausstellungs- und Portrait-Foto von Manfred.
Aus dem Mannheimer Rathaus (Dezernat V) vom 01.10.1996
„Künstleraktion beim Landesmuseum für Technik und Arbeit“
Der Mannheimer Maler und „Dosenkünstler“ Franz Bellmann wird am Sonntag, den 13.10.1996, um 13:00 Uhr, auf einem Teilstück der Museumsstrasse vor dem Eingang des Landesmuseums für Technik und Arbeit einige tausend leere Getränkedosen mit einer historischen Strassenwalze aus den Beständen des Landesmuseums plattfahren… In der Region und auch darüber hinaus ist Franz Bellmann kein Unbekannter, er hat mit seiner Dosenkunst schon viel Aufmerksamkeit erzeugt und Diskussionen entfacht. In der Mannheimer Rathausgalerie war Bellmann zwischen dem 1. Februar und 1. März 1996 mit seinen Bildern und Skulpturen aus zerdrückten Blechdosen und anderen Abfällen zu sehen…
(Der komplette Veranstaltungshinweis des damaligen Bürgermeisters Lothar Mark liegt uns vor, Die Redaktion.)
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Vorankündigung im Mannheimer Morgen vom 5./6.10.1996
„Dosenkünstler Bellmann rückt mit Dampfwalze an“
„Mein Kopf ist voller Dosenideen, hoffentlich platzt er nicht“, sagt Mannheims Dosenkünstler Franz Bellmann. Grund ist die Generalprobe einer Plattfahraktion … Als Probe für ein grösseres Unternehmen will Bellmann einen 40 Meter langen „Dosenläufer“ aus plattgefahrenen Getränkedosen schaffen. Dabei wird eine Dampfwalze des Landesmuseums wiederbelebt.
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Abschrift eines Vorberichtes zur Plattfahraktion, SDR-S4, Kurpfalzradio Moderator Eberhard Reuß, Sendezeit 12.10.1996, 12:45 Uhr
„Wie wird es wohl morgen vor dem LTA?“
Eberhard Reuß (Einführung): Der Künstler und Bildhauer Franz Bellmann aus Edingen-Neckarhausen sammelt Blechdosen und formt Statuen und Girlanden daraus. Doch nach seiner letzten grossen Dosenglück-Ausstellung im Mannheimer Rathaus kam er an ein ganz grosses Projekt. Er kam nämlich in Kontakt zum Mannheimer Landesmuseum für Technik und Arbeit. Und das suchte für seinen morgigen Tag der Offenen Tür eine ganz besondere Aktion. Künstler Franz Bellmann wusste Rat und darf morgen ab 13:00 Uhr vor dem Mannheimer Landesmuseum 12 000 Blechdosen mit einer Dampfwalze plattfahren. Eberhard Reuß war bei den Testfahrten mit dabei.
Reuß: Im Atelier von Franz Bellmann stapeln sich Tausende von Blechdosen geformt zu Stelen und Girlanden, doch sind sie auch schlicht und einfach dazu da, plattgewalzt zu werden. 12 000 Stück hat Franz Bellmann gesammelt und auch geschenkt bekommen, er hatte schon seit Jahren davon geträumt, sie auf einem grossen Platz plattzuwalzen. Nun ist Franz Bellmanns Traum vor dem Mannheimer LTA in Erfüllung gegangen.
Bellmann: Ich möchte ja Überzeugungsarbeit leisten, dass diese Wegwerfgesellschaft reduziert, und ich gönn‘ mir natürlich, da einfach drüber zu fahren, und diesen Spass zu haben, diese Dosen plattzumachen.
Reuß: Das Museum hat dem Aktionskünstler auch die Dampfwalze zur Verfügung gestellt.
Bellmann: Das sind die Zündpatronen. Die werden jetzt hier eingeführt und dann verschraubt. Und dann müssen wir mit einer Kurbel den Motor anwerfen. Das ist so schwer. – Alles klar?
Reuß: Franz Bellmann und sein schweres Gefährt kommen in die Gänge. Auf einer Strecke von 30 Meter Länge gilt es Blechdosen zu zermalmen. Erheitert, vielleicht auch etwas fassungslos, staunt der stille Beobachter über das gezielte Plattwalzen von Blechdosen.
Pabel: Ich wüsst‘ mit den Dosen auch nichts anzufangen, ich find’s nicht schade drum.
Reuß: Blechdosen-Aktionskünstler Franz Bellmann findet jedoch gerade bei der jüngeren Generation vollstes Verständnis.
Schulklasse: Ja, ich würd‘ auch gern Dosen plattfahren, voll geil (Belustigung und Lachen).
Reuß: Direktor Lothar Suhling hat den Platz vor dem Mannheimer LTA für die Blechdosen-Plattwalz-Aktion zur Verfügung gestellt. Überkommen ihn nicht auch geheime Lüste?
Suhling: Nee, nee, in manchen Situationen, wo es ein bisschen aggressiv zugeht, dann ist es vielleicht ein erlösendes Moment, wenn man etwas plattwalzen kann, aber wir haben es noch nie getan.
Reuß: Aktionskünstler Franz Bellmann plant indes noch grössere Plattwalzaktionen. Die 12 000 Blechdosen auf einen Satz niedergemacht, das reicht noch nicht.
Bellmann: Also, wir wollen da schon Grössenverhältnisse angehen, wo man dann sagen könnte, wir packen ein Fussballfeld voll mit Dosen, vielleicht spielt der Herr Beckenbauer dann auch mit und gibt den Dosen den gewissen Kick, das wär‘ ja ne Freude par excellence, würd‘ ich mal sagen, es gibt Areale hier in Mannheim – ich denk da immer noch an den Marktplatz, auch wenn’s historisches Kopfsteinpflaster ist, aus diesem Grund hat man es ja damals nicht genehmigt – aber wenn ich sehe, mit dieser Walze hier, da dürfte da auch nichts passieren, und das wär‘ dann das Ding, mit 40-50 tausend Dosen den ganzen Platz ausgelegt, und dann vielleicht nur rote Dosen…
Reuß: Fazit der Plattwalztestfahrt, Künstler Franz Bellmann hat für die morgige Aktion alles im Griff. Das ist das Dosenglück?
Bellmann: Das wird das Dosenglück. Am Sonntag, den 13., um 13:00 Uhr. Hoffe ich doch – für alle Beteiligten auch!
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Badische Neueste Nachrichten (BNN) vom 14.10.1996
„Dosenhappening mit Franz Bellmann“
Mit einer Plattfahraktion sorgte der Mannheimer Künstler Franz Bellmann gestern im Landesmuseum für Technik und Arbeit für Aufsehen. Mit einer historischen Strassenwalze stampfte der Aktionist gegen die Wegwerfmentalität 12 000 ausgediente Getränkedosen ein.
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Der Mannheimer Morgen urteilte am 14.10.1996
MM-Redaktionsmitglied Harald Sawatzki:
…Das LTA-Programm konnte sich sehen lassen: Zum Beispiel war da Franz Bellmann, seines Zeichens „Performance-Künstler“ aus Mannheim, unweit des Hauptportals zu bestaunen. 16 000 Getränkedosen sammelte er in den letzten Wochen und Monaten, plazierte sie nun auf einer vielleicht 40 Meter langen Wegstrecke und ging um die Mittagszeit ans Werk, bestaunt von jung und alt, groß und klein. Mit einer Dampfwalze machte er alles eben bei seiner „Plattwalzaktion“, wie Kulturbürgermeister Lothar Mark diesen neuesten Einfall Bellmanns kommentierte. Mark streifte mit einer Gruppe Interessierter das Landesmuseum im Rahmen seines „Kulturspazierganges“…
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Der Mannheimer Morgen vom selben Tag
„Jede Menge Blechschaden„
Zitat aus einem etwas längeren Artikel:…“Alle Öko-Mahner haben bislang nicht verhindern können, daß eine einzige Getränkedosenfirma in Deutschland pro Minute 2 000 Dosen, im ganzen Jahr eine Milliarde davon herstellt. Bellmann hat sich der Dose auf seine Weise angenommen, macht sie fleißig auf alle möglichen Arten platt, verarbeitet sie zu Kunstwerken, die in ihrem Destruktivismus als Dokument unserer Einweg-Gesellschaft dienen…
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Die Rhein-Neckar-Zeitung vom 15.10.1996
„Einfach platt“
Weil Getränkedosen Rohstoffe vergeuden und alles andere als umweltfreundlich sind, machte „Dosenkünstler“ Franz Bellmann sie ganz einfach platt. Einige tausend hatte er in den letzten Monaten gesammelt und am Wochenende vor dem Landesmuseum für Technik und Arbeit aufgestellt. Mit einer historischen Dampfwalze rollte Bellmann, der bereits mit anderen spektakulären Dosenaktionen auf sich aufmerksam machte, sie zu einem Blechteppich zusammen…
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Wormser Zeitung (RheinMainPresse) vom 15.10.1996
„Künstler walzt 12 000 Dosen platt“,… „Kunst aus der Konserve…: Mit einer historischen Straßenwalze macht Franz Bellmann einem riesigen Dosenberg den Garaus“…
…
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Eine Mannheimer Kunstliebhaberin schrieb am 12.11.1996
Sehr geehrter Herr Bellmann!
Ich bin zwar schon etwas älter, gebürtige Mannheimerin, und interessiere mich an vielem, was in Mannheim vor sich geht. Da ich selbst nicht mehr viel außer Haus kann, orientiere ich mich um so mehr in unserem „MM“.
So bin ich toll begeistert über Ihre Dosen-Künste, habe im Laufe der Zeit schon etliche Artikel mir ausgeschnitten und erfreue mich immer wieder daran. Es ist großartig, was Sie hier „auf die Beine stellen“!
Gerne würde ich mir ein Autogramm von Ihnen erbitten, das ich den Bildreportagen beifügen möchte.
Rückkuvert und Kärtchen lege ich gerne bei und bedanke mich auch im Voraus vielmals dafür.
Ihnen aber, lieber Herr Bellmann, wünsche ich noch viele gute Intuitionen zu Ihren Werken, viel Erfolg, dazu beste Gesundheit und Wohlergehen!
Mit freundlichem Gruß!
(Name und Anschrift der Verfasserin sind der Redaktion bekannt.)
HINWEIS: Der identische Originalartikel befindet sich im Papierkorb!
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Ergänzungen
Am 20.01.2012 teilte ein bekannter Mannheimer Galerist mit
Lieber Franz,
ich bin platt! Ganz toll gemacht – Deine blogsite. Auch der Kalender ist eine gute Idee. Habe zwar zunächst in alles nur rein geschnuppert. Die Hamburger Impressionen sind für mich ganz neu, gefallen mir, am 08. April 2020 warst Du auch schon dort!? (2. Bild). Die Dokumentation von der Plattfahraktion ist spitze. Herzliche Grüße…
(Name und Anschrift der Galerie sind der Redaktion bekannt, der kritisierte Datumsfehler wurde korrigiert.)
Meine Antwort vom selben Tag
Hallo…,
schön, dass Du antwortest: Hatte mir schon Sorgen gemacht.
Ja, das soll ein Internet-Tagebuch werden mit dokumentarischem und archivarischem Charakter. Dazu höre ich mich grad um, wer zum Beispiel Fotos, Artikel und dergleichen hat…
Auch wenn ich mittlerweile vieles selber machen kann, das eigentliche Lob gebührt meinem Sohn Philipp. Er hat mir die Basis zu Weihnachten geschenkt, seit diesem Zeitpunkt arbeiten wir immer wieder an Veröffentlichungen. Und das sieht man, wie Du schreibst, am Kalender.
Die Impressionen aus Hamburg bieten einen kleinen Vorgeschmack auf das, was noch kommen kann. Als ich 2010 bei meiner Tochter war, habe ich fotografiert wie der Teufel, auch zum Thema Gentrifizierung im Gängeviertel.
Zur Plattfahraktion überliess mir Manfred grad vor kurzem Fotos, die er mir digitalisiert hatte. Wir wollen weiter zusammen arbeiten. Da kommt noch jede Menge Arbeit auf mich zu.
Liebe Grüsse
an Euch Alle,
Franz.
Anmerkungen zur Vorgeschichte der Plattfahraktion
Im Frühjahr 1996 schlossen ich und ein Kiosk-Betreiber, der während der Badesaison sein Geschäft im Innenbereich eines Wormser Freibads betrieb, per Handschlag einen Vertrag: Wir organisierten ein Dosenpfand.
Für eine Deutsche Mark zusätzlich zum üblichen Kaufpreis des Getränkes mussten ab sofort alle ausgegebenen Getränkebüchsen leihweise erworben werden. Dem Käufer wurde eine Pfandmarke ausgehändigt, die zusammen mit der leeren Getränkedose zurückgegeben werden musste.
Für den Geschäftsmann war diese Regelung auch von Vorteil, da die überwiegend von Kindern eingelösten Pfänder umgehend in Eis oder andere Süssigkeiten umgesetzt wurden.
Der Kiosk-Inhaber sammelte und reinigte die zurückgebrachten Dosen. Er informierte mich telefonisch, sobald der angesammelte Bestand eine Abholung notwendig machte. Die in Kunststoffsäcken aufbewahrten Büchsen transportierte ich in ein Zwischenlager.
So sammelte ich im Laufe des Sommers etwa 16 000 Büchsen, die dann bei der Plattwalzaktion vor dem LTA zum Einsatz kamen.
(Dank für freundliche Mitarbeit an Gabriele Iris Haag, DieRedaktion.)