Gut zehn Monate sind ins Land gegangen seit der Erstveröffentlichung; der Rhein steht hoch zurzeit und der Rundweg auf der Reißinsel ist vom Wasser blockiert; jetzt gibt es neue Bilder als Ergänzung⇓:
Jahrzehnte brauchte es und die letzten noch übrig gebliebenen Bannwälder der Region wurden derweil geopfert: für eine Südtangente in KA, für Fischerei in Daxlanden; es bedurfte der Einsicht, dem Verständnis, dem Nachgeben. Kein Einschlag mehr. Wurde doch alles abgeholzt im Laufe der Jahrzehnte und Jahrhunderte. Und der Rhein begradigt. Jetzt wird das Überbleibsel dem Verfall überlassen. Dem Borkenkäfer, irden Fröschen, den Schnecken, den Überschwemmungen. Und der Wiederauferstehung im Restbiotop.
Wenn der neugierige Besucher Glück hat, dann zeigt sich ihm ein kleines Paradies: Aus Zeiten, die längst passé sind und mit Gewähr nie mehr wiederkehren. Mit ein wenig Ortskenntnis öffnet sich eine Tür zur Vergangenheit, bewahrt von Projekten, die nur noch in die Zukunft schauen möchten.
Oben: Eingang zur sogenannten Reißinsel. Wie soll es weitergehen?
Nehmen wir die Frage wörtlich! WIR gehen den Karl-Reiß-Weg lang!
Der Bannes wird von den Forstverwaltungen als ›Urwald von morgen‹ gesehen. Der Natur belässt man alle Freiheiten, sie nimmt sie sich ungestört, abgesehen von einem kleinen Rundweg (und Streuobstwiesen), mit einer Länge von vielleicht gut vier Kilometer: dem Karl-Reiß-Weg. Es folgen Impressionen entlang der Wanderung:
Die Kunst der Natur: Baumskulpturen
Paradiesische Zustände für Flora und Fauna. Auch die eingewanderten Indischen Springkräuter fühlen sich in Mannheim wohl. Natur pur. Gegenüber am Rheinland-Pfälzer Rheinufer die moderne Zivilisation. Technik pur.
Nicht umsonst wird zu Beginn des Artikels auf die Öffnungszeiten hingewiesen. Auch dem Graureiher gibt die Verwaltung Lebensraum; und Rheinüberschwemmungen fördern das Biotop, reichlich Fische verbleiben in den Rheinarmen und finden oft den Weg nicht mehr zurück in den Fluss. Da ist der Tisch gedeckt, wenn nicht die Wanderer störten, was ja vorkommt:
Eine Naturschutzbehörde: die sich kümmert ↓
WIR bedauern sehr, dass die dem Häuschen gegenüber stehende Sitzbank (unter drei mächtigen Kastanien) ersatzlos entfernt wurde, ein Frevel nicht an der Natur, aber von Menschen am Menschen. WIR bitten um Erneuerung!!! Info unter: Meine idyllische Gartenlaube!!!
Das altehrwürdige Stade trägt viele Titel: Hansestadt, Kreisstadt, selbständige Gemeinde, die Elbe ist nah und das Flüsschen Schwinge mittendrin. Stade könnte meine Lieblingsstadt sein.
Station Hammerbrook
Nachtschwärmer
An einem Sonntag, dem Pfingstsonntag 2015, packte ich in Herrgottsfrühe mich und meine Utensilien zusammen und reiste mit den öffentlichen Verkehrsanbindungen in die noch ruhende Stadt. An der Station Hammerbrook in HH nur Leere, bis auf einen Nachtschwärmer, der seinen Rausch ausschlief. Ich schob mein Fahrrad in einen dafür gekennzeichneten Waggon. Von der S-Bahn aus entschwand der Hamburger Hafen. Ich fing an wie wild zu knipsen. Abschiedsaufnahmen. Ich kam mir vor wie auf Heimreise; entlang einer vorbei rauschenden Industrie-, Hafen- und Verkehrslandschaft …
Eine Stunde Zugfahrt, über Buxtehude. Begrüsst wurde ich von der Kirche St. Wilhadi, wo zurzeit Instandsetzungsarbeiten am Aussenmauerwerk des Kirchenschiffes durchgeführt werden:
St. Wilhadi, Stade
St. Wilhadi
Am Wilhadikirchhof ein weiteres schönes Gemäuer, der Sitz des Amts- und Landgerichts Stade:
Amts- und Landgericht Stade
Gegenüber eine Gedenktafel:
Wir riskieren einen Blick in die noch leere Fussgängerzone:
Im Bild links das Historische Rathaus, welches Mitte des 17. Jahrhunderts abbrannte und ein paar Jahre später als Renaissancebau aus den Ruinen wieder auferstand.
Weiter geht die City-Rundfahrt mit dem Rad und auch per Pedes:
Beliebtes Versorgungsziel für Einheimische und Touristen …
Noch herrscht Ruhe im Örtchen …
An der Schwinge …
Die Schwinge …
An der Schwinge …
So schwunglos die Schwinge meist ist, im Hafen geht es anders zur Sache, was am Stader Reichtum liegt:
Für ein Abschiedsfoto (Blick zurück zur Kirche St. Cosmae et Damiani) reichte es noch. Im Hafen und dem Drumherum deutete es sich bereits an. Erstes tolles Wetter seit vielen Tagen, dazu Pfingsten, die Menschen strömten zuhauf ins Freie, in die Wirtschaften, in die Natur, auf die Strassen und Rad- und Fusswege.
Ich flüchtete Richtung Atomkraftwerk Stade:
Am Strand der Elbe bot sich ein schönerer (?) Ausblick auf das stillgelegte Kraftwerk:
An der Elbe lebt die Welt:
Und auch an den Deichen … Der Schnitter …
Am Ende meiner Tour landete ich am Elbgrill, da gibt es die herrlichsten Pommes frites Norddeutschlands:
Cranz winkte zu mir herüber und ich bestieg den Bus nach Altona:
Derlei Schreibweisen dieser Randgemeinde in der Oberrheinischen Tiefebene irgendwo zwischen Landau, Speyer, Neustadt und Bad Dürkheim und Ludwigshafen am Rhein finden wir zur Genüge.
Selbst die offizielle Seite der Gemeinde Haßloch zeigt im Internet z. B. den Badepark Haßloch an, aber auch die Musikschule HASSLOCH. Eingaben in Suchmaschinen werden von www.haßloch.de sofort in hassloch.de umgewandelt und ergebnisbezogen präsentiert. Mein Rechtschreibprogramm ist von Haßloch irritiert, (ß existiert eigentlich nur noch unter Ausschluss der Öffentlichkeit?) genehmigt allerdings HASSLOCH bzw. Hassloch! Die Volkshochschule (VHS) tritt unter Haßloch an. In Mannheim nennt sich die VHS längst Abendakademie, was zumindest in Bezug auf das neue Domizil am Kurpfalzkreisel zutreffend ist. Und Jüdisches aus Haßloch kommt als Hassloch daher. Die auf der Gemeinde-Website angezeigte Karte zur besseren Orientierung: HASSLOCH.
HAßLOCH jedoch gibt es nicht. Nirgends. Kein HAßLOCH nirgendwo. So ein Pech …
Nun gut: Wir entscheiden uns halt mal für das Eszett … Wohlan!: Scharf-S gibt es lediglich bei uns in deutschsprachigen Räumen. Und welcher Buchstabe des Alphabets könnte ästhetisch betrachtet mit ß konkurrieren!?! Gut, dass wir keine Rechtschreibfanatiker sind, würden wir uns gewiss, gewiß an allem, was möglich sein könnte, stören: Was ist mit dem Schweizer ›Doppel-S‹, das als ss falsch interpretiert wird und doch in der Schweiz für ß steht!
Wie der Zufall will: begegnet uns fotografisch dreimal Haßloch⇓:
Wie immer, wenn wir in einen Ort gelangen, trifft uns meist der Schlag. In Haßloch traf uns der Keulenschlag in Form des Parkareals für Fahrräder am Bahnhof. Das übertrifft in Relation selbst Heidelberger und Mannheimer Verhältnisse. Offene Radgaragen! Die meisten Räder intakt, die Nutzung steht in den Sternen. ↓›Mein Rad steht und steht und steht‹↓. Bis in alle Ewigkeit, bis die Bahn aufräumt und alles zur Schmelze abfahren läßt. Hier meldet sich erneut das Rechtschreibprogramm (läßt)! Situativ zum Thema zwei Bilder⇓:
Zu dem Städtchen Haßloch stellt sich für mich lediglich eine Verbindung ein. Bernd Rohs produzierte zusammen mit mir und einer Duckerei aus Haßloch den Katalog TERRA DEPONIA, der zu meiner Ausstellung in Worms im Museum im Andreasstift im Jahre 1999 herausgegeben wurde.
So: Ankunft in Haßloch montags gegen 11:00 Uhr. Wir nehmen die Bahnhofstrasse Richtung Zentrum und kümmern uns um Sehenswürdigkeiten (Fassaden)⇓:
Zwischendurch treffen wir auf einen Aniliner, in Gestalt einer Bronze von Mátyás Terebesi, ein bekannter Künstler aus der Region. Mit dem Link verweisen wir auf die Galerie Lauth in Ludwigshafen am Rhein, wo Terebesi ausgestellt hat. Wir lernten den Künstler eher flüchtig persönlich kennen, als es um eine Wandgestaltung in der Mozartschule in Mannheim ging, wo wir zusammen mit vielen anderen, auch Bernd Rohs, künstlerisch beratend und arbeitend zu Werke gingen!
Wir stellen das Aniliner-Portrait der Bedeutung halber auch als Artikel-Foto auf die Berichtsseite. Die Skulptur ließ sich vor Ort nicht so einfach fotografieren, da ein Freistellen und exaktes Ausleuchten zum Zeitpunkt der Aufnahme unmöglich war. So begnügen wir uns mit der Tatsache, dass wir einigermassen ansprechend informieren wollen. Foto rechts⇑: die Info-Tafel am Fuß der Skulptur.
Wir verlassen Mátyás und wenden uns einer Schaufenstergestaltung zu, die wir ganz in der Nähe – nach wie vor in der Bahnhofsstrasse – entdeckten, es handelt sich um eine Änderungsschneiderei, wahrscheinlich türkischer Herkunft⇓:
Wir radeln und spazieren weiter an der Christuskirche (protestantisch) vorbei, begeben uns in Richtung ›Ältestes Haus‹ von Haßloch und machen einige Fotos, auch von der Lutherkirche + der Kath.Pfarrkirche St. Gallus, wie immer zur Information⇓:
Christuskirche (prot.)
Lutherkirche
St. Gallus
Am oben erwähnten Haus (1599, jetzt Heimatmuseum) muss natürlich die hunderttausendste Aufnahme zur Verbreitung geschossen werden⇓:
Gegenüber wurde es weitaus interessanter.
…
Erstmal ein grosses Dankeschön an Frau Elke Morcinczyk-Gerz und Herrn Wolfgang Gerz. Wir durften ihr Anwesen unter die Lupe nehmen, es entstanden so Momentaufnahmen einer sorgfältigen Sanierung.
Zunächst eine Aufnahme vom Eingangsbereich und danach Fotos zweier Details⇓:
Anwesen MORCINCZYKV / GERZ
Nach Durchquerung einer Scheuer gelangen wir in den Garten der Liegenschaft,
dazu zwei Panoramabelichtungen⇓:
Spezieller kommt die Betrachtung eines Steinhaufens⇓,
oben eine Erläuterungstafel beim Drachenfels⇓,
unten der Steinhaufen im Garten⇓:
Mo Edoga (Schwemmholz, documenta, Signalturm der Hoffnung) und die Kunst (Skulptur aus behauenem Stein, unten, Name des Künstlers leider unbekannt) lassen grüssen und denken …
Hier eine Aufnahme von Edogas Himmelskugel in Mannheim hinterm Kunstverein, Carl-Reiß-Platz⇓:
Nach dieser notwendigen Abschweifung zurück in Haßloch, Impressionen und Eindrücke, Gartenkultur⇓:
Wir radeln weiter Richtung Speyer, das ist nicht allzu weit, vielleicht 20 km. Radeln tut gut , das wußte schon Freiherr Drais von Sauerbronn, weshalb er die Laufmaschine Draisine erfand. Mein Drahtesel von Villiger brachte mich problemlos ans Ziel. Entlang einer ruhigen Landstrasse passierten wir die Pferderennbahn von Haßloch, drei Aufnahmen müssen genügen⇓:
Das war’s eigentlich, über unseren Zielort haben wir bereits berichtet …
Danke für Ihr Interesse.
Die Redaktion
Terebesi-Antwort:
Sehr geehrter Herr Bellmann,
es freut mich, dass Sie den Aniliner in Haßloch entdeckt haben. Wenn Sie noch Informationen oder Anekdoten zur Entstehung brauchen, kann ich Ihnen gerne weitere Informationen zukommen lassen.
Den Saupferch kenne ich seit über 30 Jahren. Jetzt nach all der Zeit der Abwesenheit wird er plötzlich zum Gegenstand eines kleinen Artikels. Nichts was wichtig wäre an Veränderung bedarf der Erwähnung. Alles fast blieb so wie die Erinnerung den Pferch im Hinterkopf abgespeichert hat. Nur dass die Personen damals andere waren. Das ist der eigentliche Point bei der Geschichte, die vor drei Jahrzehnten einfach aufhörte, niemand kann sagen weshalb. Ich am allerwenigsten. Aber den Saupferch gibt es noch. Die Vergangenheit ist aus der Wirklichkeit verschwunden, die Geschichte einer Liaison nicht mehr vorhanden, nicht sichtbar. Es sei denn in den Köpfen von Penelope und Odysseus. Die hiessen vor gut 30 Jahren klaro nicht so.
Egal, wie auch immer oder nicht, im Saupferch erhält man donnerstags nach wie vor das Schnitzel à Jäger, à Zigeuner etc., das sind zur Überraschung aller gleich zwei und der Gast wird umgehend von der Bedienung mit der Frage konfrontiert, ob sie denn das Überbleibsel (die eine Hälfte) nach dem Bezahlen in Alu-Folie verpacken solle. 8,50 € mit Pommes und Salat. Gut, gut und okay. Nicht umsonst ist die Kneipe meist voll besetzt. Und es geht zu wie in einem Hühnerstall. Und wenn der Alkohol in den Hirnen Einzug gehalten hat muss man entweder bleiben oder flüchten.
Der Leser – das ist uns klar – will was sehen, ein Bild, eine Aufnahme, die Umgebung des Pferchs. Säue. Wisente? Was weiss ich. Über den Pfälzer Wald gibt es auf meiner Seite immer mal wieder Berichte. Auf diese sei zunächst informationshalber verwiesen:
Auf jeden Fall findet der Wanderer in der Nähe einen Pferch mit wilden Rindern: Wisente(?). Wer will das wissen?
Viel streunendes Volk ist unterwegs. Wildkatzen, der Luchs und der Wolf sollen im Pfälzer Wald heimisch werden, oder bereits heimisch geworden sein. Den Luchs und den Wolf haben wir nicht zu Gesicht bekommen. Dafür reichlich Katzen:
Zum Saupferch: Eingangsbereich
Die Gegend um den Saupferch und der Saupferch selbst sind ziemlich urig und ziehen Wanderer magisch an. Eine Pfälzer Mahlzeit lockt, da ist das Wetter egal, kommt man doch bequem auch mit dem Auto bis vor die Haustür. Die Menschen wandern kaum noch, sie sind zu alt geworden und sitzen lieber bei einem Viertel Wein und pflegen Kontakte. Das Gebäude ist mit den vielen Gästen in die Jahre gekommen, hinterlässt wie sie aber einen ordentlichen Eindruck. In der wärmeren Jahreszeit können selbst Familien dort den Tag verbringen. Unsere Fotos stammen vom 31. Oktober 2013:
Fast schon ein bisschen kanadische Holzfäller Romantik…
Die Welt ist nicht endlos, eher klein; und so gibt es im Pfälzer Wald nicht nur den Saupferch als Waldgaststätte. Zu gegebener Zeit werden wir uns auf den Weg zu den anderen Wirtschaften machen, vielleicht im nächsten Jahr im Hochsommer…