Friedhöfe zeigen eine andere Welt. Doch sind sie ganz eng verbunden mit dem Diesseits. Nicht nur der Grabsteine wegen. Es wird gegessen und getrunken. Nach der Bestattung. Man lebt, was für ein Glück. Und noch grösser das Glück, ein langes, erfülltes Leben gehabt zu haben. Kein Ableben nach schwerem Leid, ein biblisches Alter vielmehr. Nicht ermordet oder gar Jahrzehnte vermisst. Dem Leben in der Geburt und im Tod den Sinn gegeben. Auf einem Stein zu lesen war:
Getrennt werden, eine ewige Trennung, wie licht kann der Tag sein für ein Wiedersehen im Jenseits! Im Diesseits die Antwort im Dunkel. Frei. Unendlich. Wir sind. Drüben nicht. Oder trotzdem? Oder doch? Drüben diesseitiger als hier? Keiner weiss, was Sache ist. Nur der Gläubige weiss, was Sache ist. Einem Ungläubigen kann man das nicht erklären. Kann ein Gläubiger (←dieses verdammte Wort→) Kriege verstehen? Diese unendliche Zahl von bewusster menschlicher Vernichtung. Profan gesagt ein Dauerbrenner der Menschheit. Wie viele fanden nicht gegrabene Gräber. In heisser Wüstensonne. In eisiger polarer Kälte. In Dschungeln, in Riesenstädten. In den Kellern der Gnadenlosigkeit, der skrupellosen Macht. Wie viele? Die Unzahl der Toten übersteigt die Zahl der derzeit Lebenden. Kein Ende in Sicht. Der Mensch lebt.
Der Friedhof in Ladenburg wird mit Sinn und weltlichem Verstand gehegt und gepflegt. Es gibt auch eine Neuerung, eine – sagen wir – Bestattungsalternative. Es sind Grabstätten, die intensiv von Friedhofsgärtnern gestaltet, bepflanzt und umsorgt werden. Das entlastet. Das beschleunigte Vergessen unserer Zeit findet friedhofsgärtnerische Unterstützung. Das Gewissen ruht. Gesichert durch einen Dauergrabpflegevertrag. Verwaltungstechnische Vorstellungen in der Ruhe des Friedhofs:
Die Welt der friedhöflichen Vergangenheit zeigt ein anderes Gesicht:
»WIR TRAUERN UM DIE JÜDISCHEN MÄNNER, FRAUEN UND KINDER AUS LADENBURG, DIE IN DEUTSCHEM NAMEN IN DER ZEIT ZWISCHEN 1933 UND 1945 VERFOLGT, VERSCHLEPPT UND ERMORDET WURDEN UND KEIN GRAB FANDEN … MÖGEN IHRE SEELEN AUCH FORTLEBEN IM LANDE DER EWIGKEIT IN DER GEMEINSCHAFT ALLER GUTEN UND EDLEN.«
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