Gestern schien die Sonne mal wieder vom blauen Himmel herab. Das täuscht. Temperaturen um die null Grad. Der Winter ist kein Hindernis. Foto gepackt, die Öffentliche frequentiert: 45 min bis Rheinau Endstation. Kurzspaziergang zur ev. Gemeinde der Versöhnungskirche: Ab High Noon wird Essen für Bedürftige ausgegeben (nur dienstags). Das ist nicht immer leicht, meist herrscht in der Kirche grosser Andrang. Zurzeit bewirtet die City-Kirche (Konkordien), pro Tag werden wie man so hört etwa 600 Essen ausgeteilt. Da ist es in der Versöhnungskirche ruhiger. Zu meiner Überraschung werde ich sogar bedient. Es wird Haschee mit Spiralnudeln gereicht, dazu Salat. Kommt gut und stärkt für die kommende Unternehmung im Rheinauer Hafen rund um das Becken 21. Da hilft ein Hinweis in eigener Sache weiter.
Wir kamen über die Haltestelle Dalbergstrasse, unter dem Luisenring gelegen: Die verkommenste Haltestelle in ganz Mannheim. Schon beim Betreten riecht es streng. Die kurze U-Bahn-Strecke wird als Morgentoilette genutzt. Wir planen einen eigens dieser Haltestelle gewidmeten Bericht. Hat man doch in der Vergangenheit viel zur Aufhübschung versucht. Vergeblich. Das Problem nennt sich Borelli-Grotte². Zwischen den beiden Mannheimer Innenstadtbezirken Westliche Unterstadt und Jungbusch liegt die Haltestelle. Sie ist ein dreckiges, stinkendes Loch. Eigentlich gehört sie aufgehoben und geschlossen. Die Unterführung an sich wird eh selten genug genutzt. Der Luisenring wird oberirdisch an der Ampelanlage überquert. Zu 99%, da gehen wir jede Wette ein.
Hafen MA-Rheinau
Wir verlassen die Versöhnungskirche, schlendern an der Rheinauer Förderschule vorbei – Schulschluss, Mordsverkehr, Mütter holen ihre Kinder ab. Durchqueren ein Spielgelände. Finden einen Übergang über die Bahnstrecke MA – KA. Und uns grüßt der Hafen, mit der Rhenaniastraße als Begrenzung. Die Rhenania fungiert als Zubringer für anliegendes Gewerbe. Wie so oft im Hafen handelt es sich um Schrott verarbeitende Firmen. Wir wollten nicht Schrottfirmen schreiben.
Der kleine Übersichtsplan verweist zum Beispiel auf die Rotterdamer, dazu liegt bereits ein Bericht vor. Es ist fast ohne Belang, wo man sich aufhält, immer rückt das Mannheimer Großkraftwerk ins Blickfeld.
Blick von der Überführung der Bahntrassen auf die Rhenaniastraße, links hinten das GKM, rechts in der Ferne der Victoria-Tower
Die aus vergangenen Zeiten stammende Überquerung der Bahn ist uns einige Aufnahmen↓ wert, ist die Metallkonstruktion doch klar strukturiert und ohne Brückenschnickschnack:
Es folgt eine Panorama-Aufnahme vom Becken 21 mit Polizeistation, im Hintergrund das qualmende GKM:
Becken 21, unser momentaner Einsatzort…
Wir queren die Rhenania und finden uns in der Harpener Straße, einer bedeutungslosen Nebenstraße, wieder. Für uns wichtig allein deshalb, weil sie direkt zum Hafenbecken 21 führt:
Im Bereich der Harpener, der Bergius und Graßmann – allesamt Nebenstrecken – sind die üblichen Verdächtigen unserer Verwertungsgesellschaft anzutreffen; viel Polizei (Werkstatt für Boote) auch, die Hafengesellschaft mit dem Hafenmeisterbezirk 2, Zoll und was weiss ich noch. Die Graßmannstraße führt zu einer Fussgängerbrücke über das Becken 21 hinüber zur Ruhrorter Straße. Da steht noch ein Termin bei einer Metallbaugesellschaft an, das machen wir im Frühjahr. Dort werden wir dann der Kunst frönen. Auf die üblichen Verdächtigen wollen wir fotohalber jedoch nicht verzichten, haben sie einiges an Impressionen zu bieten, was Schrottplätze und so angeht.
Bei mir im Atelier stehen noch einige sog. ‚objet trouvé‘ aus den achtziger Jahren, als es am Salzkai noch Schrotthandel gab, und ich mich erlaubter Weise bedienen durfte. Kleinteile wohlgemerkt.
Ende der Vorstellung. Fehler, egal welcher Art, bitte meldem!!!
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Spaziere ich durch Mannheim, spaziere und kalte Gebeine kriege, denke ich an eine andere Stadt, unbenannt, unbekannt und fernab, ich denke an eine Stadt auf dem Mars. Da will ich leben. Hab‘ ich es hier doch so satt. Und wie wär’s mit spazier’n in Memphis: Yes, walk the line, please…Und scheiß auf Rufus …Please.
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Brief
Wir erhielten einen Brief mit Gedichten und einer Nachricht: Gedichte lesen, überdenken, kommentieren, kritisieren, Urteil fällen. Anschliessend Brief im Brief öffnen. Liebe Freunde, darin liegen unsere Namen.
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Zur Situation eines privilegierten Sklaven
Dreckig wie ein Gaskammernchef, das war van Clef. Abhängig von Autorität, doch mächtig voll Brutalität. Gashahn auf. Er liess den Dingen ihren Lauf. Ohne Einwand und Protest stand er auf dem Podest und ging konform mit der Norm in Uniform.
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Der Japse
18. September 2011
Berlin: Der Japse ist wieder hier. Er hat mich besucht, der Liebe. Und mich um Geld gebeten. Er fängt auch langsam an afghanisch zu werden. Den ganzen Tag verbringt er mit Einkaufen, erzählt er. Er ist wieder gegangen. Jetzt kommt er zurückgestürmt: „I have forgetten soamsing.“ Sein Englisch ist beschissen. Er setzt sich wieder mir gegenüber auf’s Bett. Findet etwas. „Ah“, schreit er auf japanisch: „Ich hab‘ es, tank ju by by.“ Zwei Stunden später: Besuch. Der Japse ist wieder hier.
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Baby
Ein weltbekanntes Paar in Musik und Kunst, Foto Matthias Plath
Baby. Mir träumte, ich träumte von Dir. Namen spielen kein Klavier. Baby, ich träumte, ich träumte der Blues fing Dich ein. Baby, mir träumte, mir träumte sein Rhythmus hielt innig Dich umfangen, Baby, der Blues. Baby, ich träumte, mir träumte Du spieltest den Blues, den Rhythmus der Umarmung auf dem Klavier. Und mir träumte, mir träumte von Dir. Baby, der Blues.
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Die Knospe
Foto: Toni, 24.12.2013, Ausschnitt
Die leichte Erdenknospe aus eichiger Rinde, gleisig, schwellig, steigig, mit amtlichen Ausweis. Pfützig, starklaut, nächtig erwachsen im Scheinlicht der gasigen Laterne. Fliege des einen Tages nach Jerusalem, oh Wunder des Rednuws, aus baumiger Kruste, Du Knospe der Knospen. Fliehe des einen endlosen Tages.
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Ohne Titel
Ohne Kommentar…
Ihre Erfolglosigkeit bei hochgestellten Politikern muss doch jetzt hoffentlich nicht der einfache Bürger austragen.
Letztlich stiehlt die Zeit die Sekunde. Nach einem Menschenleben lang steht ihre Frage: Mit welchem Nutz, mit wie viel Schlaf, mit welcher Sucht wurde ich vergeudet? Wo wurde ich hingeschickt am Ende einer sinnlos verbrachten Zeit? Mit schelmischer Genauigkeit fordert ihre Aktenkunde die Antwort: Die nicht zu erbringen.
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Jenseitshain
ZDF-Moderatorin, Foto vom 17. September 2013 am Bildschirm aufgenommen, DieRedaktion…
Halsstarrig standest Du vor mir, mit einer Blume in knochiger Hand. Des Nachts unter Sternen im Schnee die Spur, wie die Tote, niemals gebar sie. Und tanzte im Jenseitshain. Des Tags unter Sonnen auf den Feldern das Leben, wie die Liebe, niemals zerbrach sie. Und tanzte dort drüben, sich dem Traum entziehend, erreichte mich hier.
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Leichenbegängnis
Foto Manfred Rinderspacher, 28. Januar 2012, gescannt…Titel: „Der Dosensarg“
„Draht um einen gesprungenen Topf stricken“, Foto Manfred Rinderspacher
Draht um einen gesprungenen Topf stricken. Die Suppe schmeckt wie Suppe. Jemand am Schlafittchen derb zurechtweisen. Der Neid gönnt dem Teufel nicht die Hitze in der Hölle.
Wenn’s Mus regnet, hat er keinen Löffel. Er ist ein Pechvogel. Ihr wollt ihn nur: Das gutgeartete Kind. Wir plädieren für die Beibehaltung des Status quo.
Einer ist polizeilich dumm. Von Pontius bis Pilatus. Der Minister stellt sein Portefeuille zur Verfügung. Das waren Krokodilstränen. Der Chef brachte den Angestellten ein zu hohes Mass an Vertrauen entgegen.
Ein kurzer, heftiger Donnerschlag: „An der Seite der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens.“
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Politische Degeneration oder Die Verwesung revolutionären Geistes
Er ist nicht ganz normal.
Bei ihm ist eine Schraube locker.
Lockerer Bruder, kommst nicht ans Ufer, Skeptizismus hält Dich auf. Zeitraubend dieser Verlauf. Leg‘ ihn ab. Und Renitenz.
Das Kümmerdasein in anarcho-individualistischer Willenskraft gilt als längst erschlafft.
Geschafft – Sieg heil – geschafft.
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Das Leben als Indifferenzpunkt
Der Adler schwebt als kaum erkennbare Erscheinung im Luftmeer. Zwei Geraden von verschiedener Richtung schneiden sich in einem Punkt. „L’exactitude, c’est la politesse des rois.“ Ihm ging die Puste für immer aus. Das Kind ist nicht tot auf die Welt gekommen. Das Kind hat gelebt. Als eitler Fant. Es schlug eine tiefe Sekunde. Ein selbstloser Verzicht auf das Erddasein. Die halbe Stadt regte sich bis zur Siedehitze auf. Kindstaufe. Hat es schon einen Namen? Der namenlose Haufen der Alltagsbabies nascht gern Süssigkeiten. Ein Bravo den Rechten.
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Naturkeilerei
Dunkler Wald. Voll roter Tannen. Aus purpurnem Unterholz streben gläserne Eichen. Rinde ächzt. Taifune auf elektrisch wettern Groll. Verdammt: Ein blauer Wal kriegt mit der Luft. Windstärke ix bricht alles entzwei. Ohne Geheimniskrämerei: Naturkeilerei.
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In der Heide
Es schlafen nicht alle, die: Die Augen zuhaben. Und niemand zuleide pimpern beide. Das Präservativ hängt im Schrank. Macht sie bang. Man gibt sich die Klinke in die Hand. Sie trägt Schleier vor’m Gesicht. Und eine samtbehandschuhte Linke. In der Heide wimmert der Wind.
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Ventilator
Treibende Luftlosigkeit. Verbrauchter Ventilatorwind. Westwind. Der aus Osten kommt. Sich drehend zirkulierend. Spiraliger, todsüchtiger Wind. Der die Haare zerzaust. Permanente Speisung, nimmermüder Strom. Ewig tätige Menschheit. Energieerzeugend, winderzeugend. Leer. Atme, atme: Den von Menschen produzierten Wind.
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Ohne Titel
Alter vierundzwanzig. Seele fünf vor zwölf. Vater Arschloch. Mutter Gebärmutter. Beziehung keine. Liebe: Zu Zweien ist es schöner. Es sei denn, Du liebst Dich selbst. Sexualneurose. Geist kaputt.
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Die Zeitkuh
Ich bin nicht. Und nicht dort. Und Zeit rennt immerzu. Unfasslich in einem fort. Oh gäbe es ein Fort. Einen Hort. Und einen Ankerplatz, für die Ruh‘. Die Zeitkuh, sie stöhnte bestimmt: Muh.
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Ohne Titel
Die Lage ist undurchsichtig. Aufgeweichter Käse steckt seine Fühler in viel zu viele Winkel. Mir dünkt. Du entziehst mir die Liebe Baby. Wie die Mutter dem Kind. Du bist erwachsen. Und ich sauge: Lieblose Milch. Mir dünkt. Etwas hat uns den Garaus gemacht. Und die Trennung fängt zu blühen an.
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Abort Gespräche
Shit-House at Greece…
Er steht und pisst. Eine pissende Pisslatte pisst.
Eine zweite nähert sich stampfend. Ergeht sich ins Pissoir.
Pisser A: „Sie haben mächtig Druck auf der Tüte.“
Pisser B: „Den drückensten Druck aller Drücke. Fünf Liter besten Weins. Das macht sich bemerkbar. Siehst Du’s?“
Pisser A: „Ja, ich rieche Alkohol.“
Pisser B: „Ja, es dampft.
Pisser A und Pisser B haben aus gepisst.
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Klein-Anne und Mutter
Mutter Klopapier. Brüllt Klein-Anne. Mutter antwortet nicht. Mutter Scheisspapier. Kreischt Klein-Anne. Keine Erwiderung Mutterns. Zeitungspapier Mutter. Meine Furche ist braun. Mutter hört’s, tut nichts. Mutti bitte komme. Popo putze‘. Mutter kommt.
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Diese Tage
Sie sind schön. Diese Tage.
Sie sind schön. Durch diese Frau.
Sie fehlen. Diese Tage. Oft.
Viele Monate sind vergangen. Auch in Zukunft sind sie schön. Diese Tage.
So gleichen sich die Zeiten in dieser Frau. Und oft werden sie fehlen. Diese Tage.
Diese Tage durch diese Frau.
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Der Tritt
All dies: Was zu geben war. Wurde abverlangt. Ohne Scham. Voller Gier. Was kann der Mensch geben? Gehirnwindungen? Bestimmte Couleur? Sprache, Glück? Was bleibt, wenn alles leergesaugt? Keine Milch, kein Blut mehr fliesst? Ein Tritt! Unvergessen!
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Saturn
Schier endlos bist Du weg von mir.
Saturn. Mit Deinem nackten Ring.
Trara, trara, die Post geht ab, zu Dir, von hier.
Adressat: Weltall.
Gestirn: Saturn.
Strasse: Ring.
Hausnummer: Endlos.
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Ohne Titel
Verzahnt. Umschlungen. In Nichtigkeit.
Oh Albernheit, oh Dasein voller Nutzlosigkeit.
Verhangen in leeren Gebilden nihilistischer Triebhaftigkeit entrinnt Dir das Leben.
Unaufhaltsam.
Trotz Deiner Hände. Trotz ihrer bewahrenden Kraft.
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Bilder
„Amor mit Bauchladen“
Ich sage Dir zehnmal: Deine Bilder sind gut. Und sage Dir zehnmal: Deine Bilder sind Shit. Ich sage Dir einmal mit Vehemenz mein Gefühl: Und Du verstehst einmal: Deine Bilder sind gut.
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Ohne Titel
Nägel – dreckig. Haut in Fetzen. Leber – kaputt. Per Sauferei. Schrottplatz Ehe – entzwei.
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Modell
Ja.
Verschiedentlich kämen Frauen zu mir.
Und man raunte mir zu, warum ich denn nicht zeichnete.
Da erwiderte ich:
Das Modell sei mir zu wertvoll, als dass ich mich zeichnender Weise mit ihm beschäftigen könnte.
Für Claudia.
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Strich und Raum
Im Kopf kann ich nicht sehen. Im Kopf kann ich mir eine Vorstellung davon machen, was ich sehe. Die Vorstellung vom Sehen. Also tätige ich einen Strich. Oder einige Räume. Und mache mir eine Vorstellung von gezeichneten Strichräumen.
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Mon amour
Was leuchtet da? Kunstlicht. Atombomben. Hiroshima – mon amour, leb‘ wohl mit Deinen Toten und tot Geborenen.
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Ohne Titel
Das reicht. Mein Weib. Und reicht es nicht, mein Weib, so geh‘ mein Weib. Verpflichtung, zu bleiben, besteht nicht mein Weib. Entscheide Dich. Tu’s gleich. Mein Weib.
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Ohne Titel
Schwirbelig, schwupp die wupp, putziger Pyjama, holterdiepolter. Ruhrkranker Kumpel frisst Zervelatwurst mit Kameradendurst.
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Und gestehst Dir den letzten Schritt nicht zu
In einer verrückten Bezogenheit ergeht sich Deine Existenz die Jahre hindurch. Und wirst Du alt. Nicht weise. Nein. Nur alt. Es ist nicht des Daseins Sinn, die Weisheit zu verschenken. Verirrst Dich in Deiner phasenhaften Erscheinungswelt. Voller Krisenhaft. Entgehen Dir voluminöse Bereiche der Erlebnisfähigkeit. Selbst zur Zeit aufgeschlossenster Bereitschaft Deines Bewusstseins. Und sprichst Du vom Vergangenen, wenn Du Dich dem Tode ausgeliefert siehst. Und zitterst Du. Und gestehst Dir den letzten Schritt nicht zu.
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Bei einer Pulle roten Weins
Soll ich Brecht lesen? Man sollte sich nicht als zu wichtig begreifen. Sprudel. Sprudel sprudele. Klopf Dir mit dem Bleistift gegen den Schädel. Nicht, dass das Glas zerbricht. Seeräuberzähne, Unverstand, Rote Hand. Ich suche es. Morgen. Bei einer Pulle roten Weins. Wecker, Schrei, Verpflichtung, Aufgabe, Demokratie, Zwang. Kannst Du mir mal sagen: „Was ist Zwang?“ -Z-W-A-N-G- Zwang ist Kugel. Lauf. Gewehr. Bei einer Pulle roten Weins. Schmerzen gar sehr gelitten. Schlaf nicht mit ihr. Schmeiss nicht mit Hölzern. Und er weiss genau, dass er reinhacken wird. Reinhacken wird. Such‘ es morgen. Lass‘ es sein. Bei einer Pulle roten Weins.
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Wir sind zwei
Wir sind zwei. Ständiges beisammen sein erweist sich bei uns als hervorstechendes Beziehungsmerkmal. Wir sind zwei. Hilfsbereitschaft und Sorge für den Partner kennt unsere Zweisein nicht. Wir sind zwei. Unsere gemeinsame Existenz beruht auf Homosexualität. Wir sind zwei. Heiraten dürfen wir nicht. Wir sind zwei. Die Insel Lesbos liegt bei uns im Schlafzimmer. Wir sind zwei. Männer sind uns verhasst. Wir sind zwei. Zwei vibrierende Massagegeräte der Firma Uhse aus Flensburg frei Haus ersetzen uns männliche Glieder. Wir sind zwei. Plastikstäbe zählen zu unseren materiellen Gütern. Wir sind zwei. Peitschen und anderes sadistisches Marterwerkzeug sind uns abhold. Wir sind zwei. Oft sind unsere Steissbein langen Haare zu einem Zopf geflochten. Wir sins zwei. Ist unser Steissbein langes Haar zopfig, ähneln unsere Köpfe einem gewissen Herrn Janus. Wir sind zwei.
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Die Geschichte von Herrn Georg
Georg ist dumm. Er hat auch eine kleine, frigide, dumme Frau. Er sagt immerzu, sie wünsche sich den Orgasmus. Es geht nicht. Sie bringen’s nicht hin. Georg ist daran am wenigsten schuld. Die Psyche der Frau Georgs. Georg ist dumm. Er glaubt ihr helfen zu können. Dazu sind viele Sexualkundler zu dumm. Die Funktion des Orgasmus ist bei Reich. Reich weiss das. Sie wird es nie kennenlernen. Schätzen lernen. Sie hat Pech gehabt. Das ist irgendwo dumm. Und macht sie dumm. Und macht auch Georg dumm: Sie sind jetzt, dem Herrn sei Dank für beide, verheiratet. Das ist schon nicht mehr dumm…
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Ohne Titel
Ich hatte keine Zeit zu verlieren. Das Ding hatte ordnungsgemäss seine Austrittserklärung übergeben und so verdreifachte ich ursachenbezogen meinen Stechschritt. Die Zielnähe liess mich mein ballerndes Herz und meine Granaten singende Luftpumpe vergessen. Als ich vor dem Portal stand, schnitten mir Stahlsplitter ins Ohr. Ich bemerkte meinen spektral-farbigen Hauch und erbrach Nikotin und Teer und hatte Unterleibsschmerzen, wahnsinnige Unterleibsschmerzen. Ich fühlte mich geprügelt und getreten. Dann begann die Pein sich abzusondern, die Wehen stiegen ins Unermessliche. Mein Herz schoss einem Maschinengewehr gleich wirr in die Gegenden. Schwindel ergriff mich. Es begann zu dunkeln. Ein weisses Häubchen, das mit Spangen im Haar gefestigt war, muss mich rechtzeitig aufgefangen haben. Etwas kniff mich unter der Achsel. Noch heute ist dort, wo so derb zugegriffen wurde: ein blauer Fleck.
Die Leere beim Erwachen aus der Kälte wies nicht auf den erlittenen Verlust. Kampfpause. Grabesstille.
Das Ding war von mir gegangen. War von mir gegangen, fortgegangen, wunschgemäss. Dankbarkeit überkam mich dann. Für Befreiung von Schmerz und Pein. Von Stössen und Drücken. Von Knall und Peng. Meine Situation wurde mir klar: Das Ding war von mir gegangen.
Geleitet von dem Wunsche, mein Erstgeborenes zu wiegen, rappele ich mich auf und beginne mit der Suche.
Auf mein Signal hin rauscht die Nachtschwester ins Zimmer und überlässt mir ein Contergankind.
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Die Bude
Seine Bude ist ein Samenhaufen. Der Samenhaufen setzt sich zusammen aus Tilos Spermien, Spliffis Befruchtungsschleim, den Samenzellen seines Bruders und so weiter und so fort. Es begann mit der Kopulation hp-anne. Er ist der Kötter. Sein Schlaf bewegt sich unter Wichsflecken. Wenn jemand da ist: ist er nicht da. Ist er da: ist niemand da. Ist niemand da, isst er vielleicht in Frankfurt. Oder saufen. Dann ist der Samenhaufen da. Der ist immer da.
Wenn jemand da ist, springt meist ein Auto für ihn ab. Die, die es zum Samenhaufen zieht, sind alle Besitzer von Autos. Für die Länge einer sexuellen Zusammenkunft, manche machen es auch viermal, ist er Autofahrer. Je potenter die Leute, desto lieber empfängt er sie.
Einer frisst dauernd Captagon®: Oh Aphrodite komm‘ hernieder und beflügle unsere Geschlechtswelt. Experiment auch mit Haschisch.
Der Budeninhaber besitzt eine Wasserpfeife. Aus Indien. Sie wird nie gereinigt. Ich reinige sie auch nicht. Nun wird sie doch gereinigt. Ich habe sie nie gereinigt vorgefunden. Vor dem Rauchen wird sie mit Bedacht gereinigt. Das weiss ich: mit Gewissheit.
Ja, manchmal kommen Nutten. Die zahlen. Das nimmt er gern in Kauf. Nur kann er dann die Liste der Samenhaufenvergrösserer nicht exakt weiterführen. Dafür wird er bezahlt. Die Bezahlung ist gut: sie könnte besser sein.
Der Coitus interruptus erfreut sich grosser Beliebtheit.
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Freiheit
Hast Du Dich schon mal als Raubtier erlebt? Im Käfig der eigenen Wohnung. Die, obwohl unverschlossen, nicht verlassen werden kann. Da sich ein stählernes Gitter menschlicher Ängste um Dich herum aufgebaut hat. Und keine Kraft, kein Mut vorhanden. Aus diesem Gefüge auszubrechen: Angst. Agonie in Potenz. Du weisst doch, wie sich Löwe, Tiger im Zoo im Käfig eingesperrt verhalten. Rundgang am Gitter entlang. Sehnsucht im Herzen.
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Hände
Beständig wandern Hände über dies Dasein. Tätscheln die sanften Rundungen der Ironie. Ritzen mit scharfkantigen Nägeln der Finger die weit gespannten Hände der Skepsis. Streicheln verbrauchte Ebenen der Hingabe, die ihr Opfer erbracht. In der Lautlosigkeit des Aufschreis. Fühlen die schwingenden Wechsel der nüchternen Räusche. Die in einsamen Pforten die Blumen liebkosen. Fingrig erfahren die Allmacht des Überflusses. Begreifend das Ich der Erloschenen. Zurückgewinnen diese Daseinshand.
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Ohne Titel
Stelle um im Geiste. Sei alles, was Dir möglich ist. Voll Freiraum. Sei nicht nur braun und eventuell mal rot. Sorg auch für Dein täglich Brot. Sei Wissenschaftler und Konformist und denk‘ an Deine Frist. Voll Tiefgang. Vergiss den Sinn der Liebe nicht. Und krieg‘ die Gicht dabei. Einerlei. Schaumschlägerei. Und morgen bist Du: Tod.
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Ohne Titel
Vorspann: Ja, wir gehen Schritt für Schritt voran.
I. Du bewegst Dich besser Baby. Die Ruhe ist umsonst. Lieg‘ nicht rum, so die Kälte kriecht das Rückgrat hoch. Beweg‘ Dich mal Baby. Aber nur die Haut war trocken. Wir werden immer unter der Decke schlafen. In der Hitze der Abgeschlossenheit. Der Dunkelheit. Und die Sonne war stiften gegangen.
II. Nun aber nur die Haut war nass. Und die Sonne verblieb, wo sie hingegangen. Du ersetzt mir jetzt die Sonne Baby. Und bewegen brauchst Du Dich nicht mehr. Du liebst mich besser Baby. Reich‘ mir diesen Trog der Wonne. Spute Dich, so die Wärme kriecht das Rückgrat hoch. Lieb‘ mich mal. Aber nur zum Schmauch ward die Sonne.
III. Du willst Dich nicht benützen lassen. Du hattest recht. Als Du wie den Stummel einer Zigarette mich ausdrücktest. Du bist um einen Sinneswandel weiter Baby. Wenn es Dir je aufgegeben war, ihn zu vollziehen: Und ein Jedesmal durfte ich einen Schritt mehr der aufgehenden Freiheit entgegen sinken.
IV. Besser einen dieser Gedanken, als jene an die Zerrissenheit. Die Gräber, die schon verlassen, wanken. Und geben die letzten Irritationen preis.
V. Friedhofsleere im Gehirn. Und Leiber wandeln durch die Stille. Im River schwimmt jetzt der Gedankendreck. Damit das Welttheater ist befleckt.
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Haus der Stille
I. Er trug meine Kleider. Ich für ihn untragbar. So ich nackt war. Wir badeten in der lauen Brühe seiner Samenfäden. Die sich einen Weg bahnten. Hinein in die Stille meiner Weiblichkeit.
II. Wir badeten. Darin. In der Hoffnung auf Befriedung. Hader entstand. Aus Unzulänglichkeiten. Wir kreuzten die Wege des Todes. Im Haus der Stille lebten wir lange. Und wurden unruhig. Unstill.
III. Lärmig. Zwischen Du und ich. Süchtig. Nach Sieg. Im Kampf gegeneinander. Leblos. In der Hoffnung auf Befreiung. Ein Gesicht erlosch.
IV. Trocken die Mäuler die durstigen. Spröde die Lippen die prallen. Rissig die Augen der Liebenden. Kahl die Gedanken. Verwirrt die Seelen. Im Haus der Stille.
V. Fratzen erfüllten das Haus der Stille. Schnee schmolz. Und ein trunkenes Haupt wurde Asche: Produkt der Verzehrung. Vergessen das Saugen an meiner Brust. Eine Oase. Wüste überfiel das Haus der Stille.
VI. Andere schritten ins Haus der Stille. Verloren sich. Labyrinthisch die Macht der Gewässer. Ängstig und wehrlos: Die Menschen.
VII. Allein.
VIII. In Vergangenem versunken überschritten sie unwissend die am Ende des Weges liegende letzte Instanz.
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Hinüber ins Reich der Unerreichbarkeiten. Verloren im Oeldorado. Wiedergefunden im Land der Illusion
I. In Erwähnung gewisser Vertraulichkeiten, reproduzieren Sie Ihre Problematiken neu. Und lernen diese – kurz und bündig – den Kern treffend: wiederzugeben. Erfahren Ihre Lebensinhalte immer wieder neu. Nicht als Täuschung oder Halluzination. Sie erfahren Ihre Existenz im Gespräch mit anderen in der Veräusserung kostenlos neu: So leben Sie weiterhin im Bereich Ihres Herkommens und Hingehens. Ohne eigentliche Zäsur.
II. In Erwähnung gewisser Vertraulichkeiten – da werden selbst individuellste intime Geschlechtsmerkmale nicht ausgeklammert, sie tun dabei so, als führten Sie diese in praxi vor – versteinern sie ihre eng begrenzten existentiellen Ereignisse zu Obelisken, die sie streicheln, während sie darüber reden. Als zögen sie ihren Penis oder ihre Klitoris aus der Tasche, stets bereit sexuelle Eigenliebe in gesprächspervertierter Form sich und anderen zu offerieren.
III. Da ihre Konsumeinstellung ihren eigensten Angelegenheiten gegenüber offen ist, onanieren sie ohne Scheu in der Öffentlichkeit. Und selbst diese erwidert dann zeitweise Fähigkeiten der Herausforderung.
IV. Die neue Bürgerlichkeit , welche in nicht geringem Ausmass mit Ungereimtheiten behaftet ist, bricht aus ihren naiven Augen. Zur kritischen Eigenbetrachtung unfähig, bekleckern sie sich mit dem Samen und den Lüsten der Masturbation. Und sprechen von Emanzipation wie von irgendwem ohne gedanklichen Vollzug.
V. Ich habe den Eindruck; sie existierten nie wirklich. Nur aufgesetzt. In Körperhaft erstarrt zu Gehirn erweichender Lava. Die eruptiv – in Kälte brechend – zur Wüste wird.
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Ohne Titel
Entspannung tut not ♦ Doch ohne himmelsbrot ♦ Umsonst ist der tod ♦ Eine mutter schreit durch’s kanonenrohr ♦ Satan bricht hervor ♦ Im niemandsland ♦ Liegt schmerzen voll ♦ Ein sohn ♦ Eine knochige hand ♦ Ein totenkopf ♦ Kein leben mehr ♦ Ein begrabenes heer
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Johnnie
Ein Bananenschiff wirft Anker vor Southampton. Ein Johnnie im Unterhemd versteckt seinen Schanker und verlässt das Schiff samt Anker. Ein Johnnie schreit Orgasmus. Danach das Hotel will Johnnie verlassen, doch die Alte fordert: Wir haschen. Kommt ein Schiff voll Banana vielleicht aus Havanna ein Johnnie dampft herbei. Und die Heuer wird teuer. Und Johnnie, dem nicht ganz geheuer, zieht’s hinters Steuer. Sei’s Istanbul, sei’s Liverpool, Konstanza oder Bonanza, ein Johnnie wirft Anker und verlässt sein Schiff samt Schanker.
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Das Ende
Ich bin hier auf Trip. Von der Sekunde des Beginns an. Die Einleitung gestaltet sich einzellig. Der Aufbau beinhaltet Verfall. Die Bausteine kulminieren in der Sexualität. Von Selbstverwirklichung wird nie die Rede sein.
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Wir haben uns entschlossen, auf die äussre Form der Gedichte nicht zu achten, aus Platzgründen, DieRedaktion.
Altrip – Mannheim / Mannheim – Altrip: Von meinem Wohnsitz in H 7 sind es ca. 12 km Radweg bis zur Fähre. Ein Teil des Wegs führt durch den Bannes. Ist man an der Reißinsel und am Rheinstrandbad vorbei, sieht man schon die Schornsteine des Großkraftwerks von Mannheim².
Eine Kulisse, wie man sie in Deutschland nur in Mannheim finden kann.
Ja, so ist das mit Mannheim². Verrufen einerseits, supergeile Stadt andererseits. Keiner wird mit ihr fertig. Ganz Deutschland nicht. Mannheim ist ein Selbstläufer. Und alle Einschätzungen egal welcher Art gehen ihr am Arsch vorbei. Mannheim macht. Macht voran. Wohin: Wen kümmert’s schon. Mannheim setzt auf Technik pur. Das unterscheidet MA² von Freiburg. Technik ist unverzichtbar in dieser Metropole. Großtechnik, Großprojekte zumal. Da freut sich der Fotograf, gleich wie er darüber denken mag. Das Auge ist keine Denkmaschine. Nur der Lieferant. Der Fotograf verfügt über den Auslöser. Entscheidungen sind nicht immer einfach.
↓Vorratsbewirtschaftung mit Leicht- und Schweröl:
Wir kapitulieren vor der Menge der technischen Motive am Großkraftwerk Mannheim. An und in der Baustelle von Block 9 entsteht ein Ofen der Superlative; Originalton Betreiber: »Umweltschonend. Klimaschonend. Zukunftsweisend.« Ob das alles so stimmt. Hört sich eher wie Werbung an. Immerhin kümmert man sich um die Bereitstellung von Fernwärme und Strom. Wir radeln weiter und nehmen FotoKontakt auf mit der Großbaustelle:Rundblick mit der PanoramaFunktion der KameraAuf der Baustelle herrscht ein Gewusel wie in einem Ameisenstaat
Wir hatten uns die Altrip Fähre als Zielobjekt vorgestellt. Jetzt ist es eher ein Kurzbericht über »Das Mannheimer Großprojekt« geworden. Und ordnen diesen Artikel der Serie über den Mannheimer Hafen zu. Wir werden noch des öfteren hier vorbeischauen, dehnt sich der Hafen in südlicher Richtung doch bis zum Vorort Rheinau aus. Da wären dann die Ruhrorter-, die Duisburger-, Essener- und was weiss ich welche Strassen angesagt. Mit der fotografischen Arbeit im Rheinau-Hafen geht das Projekt der Mannheimer Hafen-Inspektion dann (leider!) seinem Ende entgegen. Vielleicht schauen wir danach nach Ludwigshafen. Oder in den Karlsruher Hafen, des käme uns gelegener, weil gefühlsmäßig spannender. Da wird es aber Frühjahr werden und ich quartiere mich im Atelier von Christine und Ludwig ein und verbringe schöne letzte Tage in KA¹ bei der Verwandtschaft: http://franzbellmann.de/?p=3892
Altrip – Mannheim / Mannheim – Altrip: D i e F ä h r e
Eine nicht zu unterschätzende Verbindung zwischen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz
Zum Schluss ein Schmankerl:
#ZITAT aus der Süddeutschen Zeitung vom 21./22. Derzember 2013, Nr. 295, Seite 24, Wirtschaft, gelesen im Artikel »Mal richtig abschalten« von Markus Balser:
‚Da die Kraftwerke der deutschen Energieversorger wegen des ungebremsten Zuwachses von Solar- und Windstrom immer seltener am Netz sind‘ kam es laut SZ zu folgender Äusserung eines Spitzenmanagers – »Ein neuer Begriff macht in den Chefetagen der Unternehmen die Runde: Man sei besorgt über die „Sterbekurve“ der eigenen Anlagen, so der Manager.«
Und weiter unten:
…»Denn die Betreiber … können die Kraftwerke nur schliessen, wenn die Bundesnetzagentur sie nicht als systemrelevant einstuft.«…
Was bedeutet das für den im Bau befindlichen Block 9 des Grosskraftwerkes Mannheim²?
Obiges Zitat eingesetzt am 25.12.2013, DieRedaktion.