Alle Teilnehmer des von Frau Lindemann angebotenen Rundgangs durch den Mannheimer Stadtteil Jungbusch waren guter Dinge, zahlreich erschienen und gespannt auf das, was kommen würde. Der Treffpunkt: Das Anwesen H 7, 28 mit herrlicher Hinterhof-Gestaltung, viel Baumbestand, da lässt’s sich leben. Der Spaziergang kulminierte zu einem Fest des Lebens, dazu ein Gedicht von Hermann Hesse:
„Freude“
Alle Tage rauscht die Fülle der Welt an uns vorüber;
alle Tage blühen Blumen, strahlt das Licht, lacht die Freude.
Manchmal trinken wir uns daran satt,
manchmal sind wir müde und verdrießlich und mögen nichts
davon wissen;
immer aber umgibt uns ein Überfluss des Schönen.
Das ist das Herrliche an jeder Freude,
dass sie unverdient kommt und niemals käuflich ist;
sie ist frei und ein Gottesgeschenk für jedermann,
wie der wehende Duft der Lindenblüte.
Wir belichten den Abgang der versammelten Neugier und machen uns auf die Socken Richtung Fussgängerunterführung Haltestelle Dalbergstrasse:
Der BÜRGERVEREIN INNENSTADT WEST MANNHEIM e.V. und Frau LINDEMANN arbeiten in derlei Angelegenheiten eng zusammen, das hilft, man sieht es an der regen Beteiligung und dem Interesse an einer professionellen Führung, zumal durch den Stadtteil Jungbusch. Dass er mit Vorurteilen belegt ist, schadet ihm nicht im geringsten. Ist er doch ein Hotspot für Kneipen, Newcomer, Gastronomie, Kunst + Galerien und vielerlei Verwerfungen. Selbst ein ‚Tatort‘ wagt sich ungestraft in den Busch.
Dalberg-Unterführung:
Die Haltestelle Dalberg-Strasse der Mannheimer Linie 2 kommt leider nicht so toll daher, stets verschmutzt, ein ewiges Sammelsurium an Scherben, Kippen, Uringeruch liegt in der Luft, von menschlichen Exkrementen ganz zu schweigen. Eine Areal-Gestaltung vergeblich, obwohl schon des öfteren angegangen, eine Schliessung wäre u. U. angebracht. Trotzdem ein Blick darauf, Gott sei mir gnädig:
Da war ich noch nicht von der Führung ausgeschlossen bzw. in der Liebfrauenkirche eingeschlossen. Mit Frau Lindemann und ihrem Tross marschierten die neugierigen Teilnehmer des Rundgangs hinauf zur Kirche. Meister Hertweck hatte die Schlüssel parat. Da war die Welt noch heil. Wer hätte auch ahnen können, dass man mich in der Kirche vergessen sollte …
Zu Zeiten eines Kirchentages in Mannheim vor ein paar Jahren wurde der Sakralbau aufwendig renoviert und restauriert. Das sieht man oben im Bild an der Pflasterung. Und der Rundumgestaltung, usw. Herr Hertweck stand zwischen Tür und Angel, empfing uns mit allem Liebreiz und gewährte in vollkommener Offenherzigkeit Einlass: Besser ich wäre draussen geblieben, wie konnte ich sehen, dass ich mich in der allumgebenden Gottesfürchtigkeit verlieren würde. Im Innern des gediegenen Gotteshauses selbst erfrischend kühl. Was will der Mensch mehr bei der schlauchenden Hitze des Tages. Die freundliche Bestuhlung schon aufgebaut. Nach einigen Dokument-Aufnahmen streunte ich in der Kühle herum, um zu fotografieren:
Und dann: Schluss. Herr Hertweck vergass mich. Es kehrte plötzlich vollkommene Stille ein im Raum Gottes, was mich stutzig machte. Ich rannte noch wie bescheuert zur Glastür, klopfte fest daran, ich vernahm noch das Geräusch des sich umdrehenden Schlüssels an der Aussenportale, aber Herr Hertweck hörte mein Klopfen nicht mehr, ich war eingeschlossen in ein Gotteshaus zum Wohlfühlen. Na gut, nach geraumer Zeit begann ich zu suchen. Eine Notruftaste? Kein Händie dabei! Die vorhandenen Musikinstrumente untersucht, ich hätte ein Orgelspiel improvisieren sollen. Alle vorhandenen Türen inspiziert, nach Schlafmöglichkeiten mich umgesehen: Eine Hollywoodschaukel dafür steht bereit. Selbst ein Zelt mit Kissen und Zudecken. Aber nein, wenn man mich meiner Freiheit beraubt, will ich sie wiedergewinnen. Ich begann mit der Suche nach einem Ausweg und fand eine Tür, die mir die Freiheit versprach!
Dazu benötigte ich einen Vierkantschlüssel. Ein mickrig-kleiner Holzstuhl schien die Lösung, er passte grad so. Mit einem Stein, den ich in den Räumen fand, schlug ich nach der Demontage des Mini-Schlüssels das Bein des Stuhls in den Vierkant und drehte daran! Der mechanische Verschluss öffnete sich oben wie unten und ich drückte mit sanfter Gewalt die Tür nach draussen und stand im Freien. Hörbares Aufatmen! Meine erste Handlung, ein Paar anhalten, um einen Anruf bei der Polizei bittend, die dann wenig danach auch auftauchte. Das Paar stammt aus Darmstadt, er ein Polizeikollege, seine Visitenkarte liegt auf meinem Schreibtisch. Was für ein Glück! Gott war mit mir.
So, die Freiheit wieder gewonnen. Eins muss deutlich erwähnt werden: Hätte ich eine halbe Stunde in etwa zugewartet, man hätte mich befreit! Klaus Kräft vermisste mich beim Rundgang und hatte die gloriose Eingebung von OBEN, als er mich im Viertel vergeblich suchte: Der Franz ist noch in der Kirche!!! Befreien musste ich mich selbst, das war ich mir schuldig. Was für ein Dusel. Hätte ich in Gefangenschaft verharren sollen bis zum nächsten Gottesdienst? Die eh kaum mehr stattfinden?
Die Polizisten staunten nicht schlecht, waren zuvorkommend, baten mich um meinen Personalausweis und KLAUS war einfach nur prächtig.
Noch einige Kleinigkeiten am Rande, dann ist Schluss.