Sie sucht ihresgleichen im Mannheimer Hafen. Sie steht für hoch qualifizierte deutsche Ingenieurkunst. Und doch wird sie täglich vergewaltigt von tausenden von Fahrzeugen. Schwerlastverkehr, am Wochenende wird es ruhiger. Sie bebt, zittert, vibriert. Nachts legt sie sich vorübergehend für einige Minuten hin. Bis es wieder drüber donnert und das grosse Beben beginnt. Der Mensch erwachte schweissgebadet. Sie trägt es mit einer Fassung aus Stahl:
Die Diffenébrücke, keine andere Brücke im Mannheimer Hafen kann ihr das Rhein-Neckar-Wasser reichen
WIR bleiben vor Ort. Blicken auf ihre Umgebung.
Die Diffenébrücke mit Blick auf den Bonadies- / IndustriehafenDie Diffenébrücke mit Blick über den Altrhein zur Friesenheimer Insel
Fotos oben: »Die Diffenébrücke aus verschiedenen Blickwinkeln.«
WIR fassen Mut und begeben uns unter das Bauwerk, ein Treppenzugang erleichtert den Gang in die Unterwelt. Von ›Betreten verboten‹ keine sichtbare Spur. Es wird einen mulmig dabei. Oben rattert’s, unten Graffiti. Liebesbekundungen und Akte. Andere Ausblicke, neue Formen. Unübliche Positionen, Überraschungen. Selbst ein einer Bombe ähnelnder Gegenstand wird entdeckt – zum Glück nur ein Blindgänger, davon später:
Was alles im Wasser treibt. Meistens in den Uferbereichen. Eine Blaukopfanakonda ist da keine Ausnahme, da reicht ein kleiner Hinweis: http://franzbellmann.de/?p=10058. Schwemmholz, Kunststoffe und überraschenderweise diese Plastikbombe:
Vom Wind getriebenes UngeheuerDie Anlandung: Illegale Entsorgung durch die Besatzung eines Kriegsschiffes?
WIR nehmen Abschied von Diffené und gönnen uns mit der Brücke ein Sonnenbad:
Ein paar Tage sind wohl vergangen. Am 22. Oktober radelten wir durch die nördlichen Aussenbezirke des Mannheimer Hafens. Genauer: über die FriesenheimerInsel, am Rhein entlang. Quasi vom Bonadieshafen (NN 4, mit der Neckarspitze) die kurze Reststrecke des Neckarweges entlang und weiter bis zur Einmündung eines Altrheinarmes (Friesenheimer Altrhein) nahe der Autobahnbrücke, die – benannt nach dem ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss – über den Fluss nach Kaiserslautern führt, A 6, E 50. Ganz auf der Höhe des Mannheimer Ortsteiles Sandhofen.
Vater Rhein, im Hintergrund die Theodor-Heuss-Brücke, die Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz verbindet
Der Rhein. Nicht umsonst ist er die am meisten befahrene Wasserstrasse Europas. Zentral, Verbindung zum Atlantik, von Basel bis Rotterdam. Nach der Rheinbegradigung und Schiffbarmachung war es endgültig vorbei mit dem alten Vater Rhein. Ein neuer geradliniger Bursche ward geboren, mit vielfältiger ökonomischer und industrieller Strebsamkeit rheinauf, rheinab. Da lohnen ein paar Blicke auf Ludwigshafen:
Hier überlässt Vater Rhein seinem Bundesgenossen Neckar einen Teil seines FlussbettesBlick nach drüben, Ludwigshafen mit BASF, im Vordergrund: Vermaisung von LandschaftIcarus fliegt an der BASF vorbei
Weit oben am Altrhein findet der Radler, wenn er das offizielle Ende des Neckarweges ignoriert, einen verschwindend kleinen Rest eines naturbelassenen Auenlandes. Das ist zwar nicht Mittelerde, aber doch ein nördlicher Ausläufer des Mannheimer Rheinhafens:
Tot-Gestrüpp am RheinuferDer Mais kennt keine Gnade, im Hintergrund: AuenlandWind- und Lichtspiel im Auenland
Auenblick
Altrheinmündung
Wildwuchs der Natur
Weit verbreitet in der Au ist die Angelkultur. An jedem Treppenabgang zum Altrhein beziehen Kult-Genossen ihr Domizil und hoffen auf gute Fänge. Einen durften wir fotografieren:
Die meisten Angler erstarren bei ihrem Sport
Es folgt eine Galerie von zehn impressionistischen Aufnahmen von der Friesenheimer Insel:
Mannheim: Dienstag, 29. Oktober, Am Verbindungskanal – Linkes Ufer… Spaziergang der Sonne und der warmen Witterung wegen, Fotografieren als willkommene Arbeit… und Zeitvertreib; was so ins Blickfeld gerät, Graffiti, Müll und Kunst (?), oder doch nur Ex und Hopp, bekannter Schmuddel, andere würden von Dreckgegend sprechen, dominant: einige bautechnische Ingenieur- und Architekturgebilde, teilweise eine Augenweide, auch Wüsteneien, keine Heimat nirgendwo.
ZITAT aus Luigi Malerba »König Ohneschuh« (Roman), Fischer Taschenbuch Verlag GmbH, Frankfurt am Main, Juli 1999, Seite 41: »Ithaka ist nicht wiederzuerkennen. Nie hätte ich gedacht, dass meine Stadt in einen so schrecklichen Zustand der Verwahrlosung geraten könnte.« Man vertausche Ithaka mit Mannheim und man weiss, warum man dieses Buch lesen muss. Wie zum Beleg drei Aufnahmen:
Es geht sehr wohl besser. Da gab’s ein gemeinsames Projekt der Fassadengestaltung durch die Jugendinitiative Jungbusch, hier ein Überblick:
Für technisch interessierte hat der Verbindungskanal ( Linkes Ufer) allerdings wenig zu bieten. Auch dazu ein Rundblick zum besseren Verständnis – links die Neckarvorlandbrücke, eine Hubbrücke, im Hintergrund ist die Lutherkirche zu sehen.
Auch am Ufer frei zugängliche Löschmitteleinrichtungen erregen Interesse:
WIR lassen es für heute mal gut sein und verabschieden uns mit lieben Grüssen an die werten Leser mit einem weiteren Zitat aus König Ohneschuh (Seite 207): »Telemach ist mit einer kleinen Schar von Arbeitern zur Palästra gegangen, um sie wieder instandzusetzen, und hat angeorgnet, daß man die Straßen reinigt, das Unkraut jätet, das Pflaster flickt und die Abflußrinnen erneuert.«
Gestern und vorgestern gab’s Nachtwandel im Jungbusch. Die neunte Wiederholung. Das kümmerte uns wenig, zuviel Masse, wenig Klasse, mehr Radau, Kontemplation? Wir ziehen Radtouren in angrenzenden Gebieten vor, zumal im Mannheimer Rheinhafen, der hat wenigstens einiges zu bieten. Respekt, Respekt, was für eine Offenbarung. Die Meisten latschen halt gern mit der Masse durch Konsumtempel, oder wie eben am Wochenende durch den Busch. Hinterher ist die Gegend voller Glasscherben, um 23:00 Uhr ist Besucherrekord. Schätzung, gefühlt: 23.000 Gäste. Rekordverdächtig.
Aus Containern zusammengestückeltes Büro auf dem Gelände der HELLASTRANS GmbH, ein Erkennungsmerkmal
Tagsüber im Hafen bei blauem, fast wolkenlosem Himmel zeigt sich das Leben von seiner angenehmeren Seite. Einfach wunderschön war’s gestern, da macht Fotos machen Freude. Und der Hafen gönnte uns eine kleine Entdeckung, oben ein Bild einer etwas eigenartigen Behausung, die sich auf dem Areal der griechischen HellasTrans GmbH befindet. Das machte neugierig und fragen soll ja nichts kosten. So war’s denn auch, man liess mich auf das Firmengelände und ich durfte Aufnahmen machen, wo und wie ich wollte. Dafür und für die Erlaubnis von hier aus ein dickes Dankeschön. Von drinnen im Sonnenlicht sieht das Büro richtig geil aus:
Den Künstler bzw. Urheber dieses Baus würde ich gerne kennenlernen…
Im Hafen stehen reichlich ausrangierte Container rum, auf diese Art und Weise zusammengefügt ergäben sich: Domizile für -Kunst, -Wanderer zwischen den Welten, -Flüchtlinge, -Politiker mit etwas Mut, and so on.
Nun gut, HellasTrans war die erste Firma, die wir besuchen durften, Fotos hätten wir genug, wir wollen später noch mal nachschauen und weiter berichten, Die Redaktion.
Heute (19.10.2013) war’s richtig mies. Die Klamotten riechen nach Chemie. Früh um neun war die Atemluft BASF-schwanger (oder stecken andere Verursacher dahinter?), kaum ein Lungenzug ohne Geruchsbelästigung. Entweder es war vorübergehend oder man gewöhnt sich von Atemzug zu Atemzug daran, stillschweigend passt die Nase sich an, ein Hatschi oder zwei, dann schnauft die Lunge, als wär‘ nix geschehen. Erst abends beim Wechsel der Klamotten sticht die Chemie erneut das Geruchsorgan. Irgendwie riecht es nach Buttersäure oder so. Das war und ist sehr sehr ärgerlich. Vor allem unter Arbeitsbedingungen. Schade, dass sich Gerüche gleich welcher Art fototechnisch schwer realisieren lassen, so bleibt halt nur die Aussage: es stinkt, es hat gestunken und es wird wahrscheinlich immer stinken. So wie es stank. Vielleicht war es einfach ein Überbleibsel an Verbrennungsgeruch, das liesse sich zumindest per Bild verdeutlichen, probieren geht bekanntlich über Studieren, eine Aufnahme aus dem von der Sonne überfluteten Bonadieshafen, kürzlich gelöscht?
Kunststoff-Qualle
Der Bonadieshafen ist ein Kanal ohne Anfang. Einmal fliesst er in den Neckar, dann über einen noch existenten Altrheinarm in den Rhein. Aber der Hafen hat es in sich. Nicht nur der Geruchsbelästigung wegen. Eine neue Generation von Quallen nistet in den Hafenwässern. Agil, den Bewegungen des Wassers angepasst, langlebig, schier nicht zu verrotten, wie Plastikmüll in unseren Meeren, Wiederkunft, Niederkunft in menschlichen Mägen. Grausam schon allein die Tatsache. Grausamer noch die Zukunft. Diese weisslich durchsichtigen Geschöpfe der Chemie-Menschheit bieten nicht die einzige Überraschung. So wie im Mittelalter Ratten nach Übersee gelangten, sind es zum Beispiel Schlangen, die durch rege internationale Schiffsverkehre in Gegenden heimisch werden, wo diese toxischen Arten nicht zu erwarten waren.
Blaukopf-Anakonda
So beispielsweise die Blaukopfanakonda, die nicht nur erwürgt, sie hat sich mittlerweile hochgiftige Marterwerkzeuge zugelegt, und den Arbeitern und Angestellten und Führungskräften im Mannheimer Bonadieshafen sei versichert: Ein Drama bahnt sich an!!! Als Hinweis: Kopf ultramarinblau, Augen verdeckt, Schlangenkorpus seilmässig verdrillt, hohe Tauchtiefe, kaum Sauerstoffbedarf. Hält sich gern in ufernahen Zonen auf, der Wärme wegen. Äusserst aggressiv bei Annäherung. Nimmt nicht nur Fische, auch Schweine (Ferkel) stehen auf dem Speiseplan; seit neuestem Ratten, Mäuse etc….
Lässt der Mensch sich an ausgesuchten Stellen und Plätzen im Hafen nieder, findet er Ausblicke Richtung Luzenberg, Diffené-Brücke (Klappbrücke), Fernmeldeturm and so on:
Blick zum LuzenbergDiffené-BrückeWeit im Hintergrund: der Fernmeldeturm
Wenn der Mensch so richtig Mensch wäre, würde er der Natur den Vortritt lassen. Nicht nur könnte er sich an ihr erfreuen – wenn er es könnte – er könnte Wirtschaft, Zivilisation, Gemeinwesen, Zwischenmenschlichkeit und Natur miteinander in Einklang bringen, der Mensch aber ist zu sehr Mensch, als dass er das begriffe. Da fehlt ihm was. Was? Das! Er wird es letztendlich nie begreifen. Das ist das Das! Und was ist das Was? Der Schwan:
Das freut doch, diese harmonische Eintracht. Für Fotografen gibt es im Hafen fantastische Glücksmomente. Die tanzenden Krane meinetwegen, fast wie in Hamburg: http://franzbellmann.de/?p=8723
Sehr stark vertreten im Mannheimer Hafen ist die Metallschrott verarbeitende Industrie, man findet sie fast an jeder Ecke; weil teilweise wild abgelagert wird. Das führt dann zu folgenden Impressionen:
Bauseitig bietet der Bonadieshafen viel. Beim Bonadies schleicht sich beständig das Wort Paradies ein, irgendwie trifft das ja zu, diese Hafengegend hat was paradiesisches. Man kann sich darin verlieren, und man geht doch nicht verloren.
Aufnahmen auf dem Weg nach Hause (unter der Jungbuschbrücke):
Fini
Manfred Rinderspacher mit Fotos:
Heute – gegen 15:00 Uhr – meldete sich Manfred mit der Übersendung einiger seiner s-w Werke vom Bonadies- und Industriehafen. Wir übernehmen die Bilder und ergänzen damit diese Seite über ein Mannheimer Hafengebiet, das ganz im Norden an der „Kopflache“ am Friesenheimer Altrhein mit der Altrhein Fähre „EMMA“ endet.
Industriearchitektur am HafenIndustriearchitektur am HafenIndustriearchitektur am HafenVogelschwarmGleisanschlussRheinrottstrasseIndustriekulturLuzenbergSegler-Vereinigung Mannheim e. V.DiffenébrückeKammerschleuse / IndustriehafenKammerschleuse