Neue Bilder braucht das Land …






Weil ich der Deutschen Sprache kaum mächtig bin, lasse ich Norbert den Vortritt. Irgendwann vor kurzem im August 2015 erhielt ich von ihm ein avisiertes Päckchen, darin ein Brief:
«Hallo Franz! Anbei das versprochene Info Material. Zur Zeit viel Agitprop in Sachen Büchner. Viel Organisationskram, wenig zum Künstlern. Halt viel auch Auf- und Abbau der Ausstellung und Eröffnung mit Politik-Sprech. (…) Kaum dass ich mal zur Zeit sechs Wochen im Atelier bin. Im September geht der ganze Zirkus wieder los. Z. B. Oktober 2015: 2. – 3.10 Köln / 7.10. Berlin / 12. – 14.10. wieder Berlin etc. … Ansonsten geht’s gut, habe eine neue Liebe in Dortmund gefunden und werde demnächst nach Dortmund umziehen, sobald ich da ein Atelier gefunden habe. Wir telefonieren mal … Herzliche Grüße Norbert»
Im Diakonie Magazin Ausgabe Januar 2014 findet sich unter der Schlagzeile «Kunst, die sich mit der Politik reibt» auf den Seiten 10 – 13 ein Gespräch mit Klaus Staeck, Norbert Koczorski und Andreas Pitz über eine Ausstellung zu Armut und Obdachlosigkeit auf Postkarten (Mail Art). Das Interview führte Hannes Langbein.
Norbert Koczorski (Zitat) zur Mail Art-Ausstellung:
«Sie brauchen ja nur einmal den Fernseher anzuschalten. Damals war die Occupy-Bewegung in aller Munde. Und als ich die Börsianer an der Wall-Street mit ihren Champagnergläsern stehen sah, während unter ihnen die Demonstranten gegen die Finanzkrise demonstrierten, da ging mir die Hutschnur hoch!»
Aber zurück ins 20. Jahrhundert, nach Darmstadt, zu Heinz-Günter Herpel und dessen Freiraum „Kunstpunkt“. Dort anno 1994 liefen wir uns über den Weg. Norbert mail artete schon damals.
Der Ernst des Lebens begann für uns beide in diesem Jahr in Basel, mit unserer gemeinsam geplanten und durchgeführten Performance Boxhenge in Zusammenarbeit mit Alexander Sutor und Jogi Weis, der uns seinen Trabant zur Verfügung stellte:




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Für den Samstag, den 7. November 1998 organisierte Norbert Koczorski zum 4. Rheingauer Kunstgespräch in Geisenheim ein Happening mit dem Titel «Lügendes – Müllbild».
Dem Antrag von Norbert Koczorski, gestellt an das Ordnungsamt der Stadt Geisenheim am 3.8.1998, wurde mittels einer Sondernutzungserlaubnis vom 3.11.1998 stattgegeben.
Im Archiv bei mir lagert so einiges, was reproduzierbar ist, auch zwei Erinnerungsfotos mit dem in Geisenheim wohnenden Karl Dilly, der als Akteur die Performance bereicherte⇓:
Im Rheingau Echo vom 12.11.1998 stand unter „Lügendes Müllbild“ von Franz Bellmann als Performance u. a. zu lesen:
«Die Aktion sollte die Müllflut in der westlichen Zivilisation am Beispiel der Aluminiumdosen verdeutlichen und das öffentliche Bewusstsein für die Umweltproblematik schärfen, der jeder im alltäglichen Leben ausgesetzt ist. In Amerika, dem Herkunftsland der Getränkedosen, ist in der Zwischenzeit ein 5-Cent-Dosenpfand eingeführt worden, was die gedankenlose Wegwerfmentalität ein wenig eindämmen hilft.»
Postkarten Mail Art aus der Serie „Strich-Mann“ zur Vorbereitung der Performance in Geisenheim⇓:
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Als Vorläufer zum Dosenauftritt moderierte Norbert Koczorski zwei Rheingauer Kunstgespräche. Eröffnet wurde die Reihe mit Klaus Wettstein: «Die schwierige Abtrennung der Köpfe». Es folgte Hans-Leo Rohleder mit einer Video-Performance «Nachdenken über das Nachdenken».
Wichtige Verknüpfungen im Internet zu Norbert Koczorski⇓:
Wanderausstellung Mail-Art-Projekt
Zum vorläufigen Ende zitiere ich Norbert Koczorski (Ausstellungskonzept) aus dem Katalog «Friede den Hütten! Krieg den Palästen», ein Mail-Art-Projekt zum 200. Geburtstag Georg Büchners:
«Ende der Achtziger Jahre sah ich zum ersten Mal eine Mail-Art-Karte von Aloys Ohlmann bei einem Freund im Atelier. Spontan schickte ich darauf hin Aloys meine erste selbst gestaltete Mail-Art-Karte zu. Wie es in der Mail Art üblich ist, werden alle Adressen von Mail Artisten veröffentlicht, die sich an Projekten beteiligen. So fand ich schnell viele Freunde in der weltweiten Gemeinschaft der Mail Artisten.
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WIR arbeiten vielleicht morgen daran weiter, DieRedaktion.

Seit 1974 hatte Bellmann zahlreiche Einzelausstellungen, Ausstellungsbeteiligungen und Projekte in Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz. Angefangen hat der
Künstler mit Walzbildern in Öl auf Leinwand, gearbeitet mit der Farbrolle. Der Walzbilderperiode folgte figürliche Malerei (Öl auf Papier), dann die Abkehr von einer klar und deutlich wiedererkennbaren Mal- und Kunstrichtung.
Neben mehreren Ausstellungen regionaler Art war die Präsentation im Städtischen Museum in Worms (Bild links oben) ein weiteres absolutes Spitzenereignis.
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Dazu zählt die Mannheimer Plattfahraktion in Zusammenarbeit mit dem Landesmuseum für Technik und Arbeit (LTA) – heute Technoseum genannt, die grosse Bilder- und Dosenvorstellung mit der Künstlergruppe DaMaKa im Mannheimer Rathaus und so weiter und so fort. Siehe auch Berichte und Artikel unter Home.
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Ein kurzer Fotoblick ins Atelier:







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Eine Vita in aller Kürze
Franz Bellmann nahm nach dem Studium der Bautechnik beim Hochbauamt der Stadt Karlsruhe seine berufliche Tätigkeit auf. Gleichzeitig beschäftigte er sich in seinem Atelier in Karlsruhe (Schillerstrasse 17, Wandgemälde) mit der Malerei. 1985 gab Bellmann seine berufliche Existenz auf und gründete in Mannheim ein Atelier für experimentelle Malerei und Bildhauerei.
Franz Bellmanns Schaffen der letzten zwanzig Jahre umfasst Gemälde, Zeichnungen, Skulpturen und Performances, wie z. B. die Performance „Dosenglück“, für die ihm der kommunale Umweltpreis der Stadt Mannheim verliehen wurde.
Seit 1974 hatte Bellmann zahlreiche Einzelausstellungen, Ausstellungsbeteiligungen und Projekte in Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz. Angefangen hat der Künstler mit Walzbildern in Öl auf Leinwand, gearbeitet mit der Farbrolle. Der Walzbilderperiode folgte figürliche Malerei, Öl auf Papier, dann die Abkehr von einer klar und deutlich wieder erkennbaren Mal- und Kunstrichtung.
Gleichzeitig begann Bellmann mit der Performance „Dosenglück“, einer eher politischen Kunst. Die beiden Arbeitsweisen, Atelierarbeit und öffentliche Auftritte, hat der Künstler bis heute beibehalten. Malen war für Franz Bellmann schon immer ein innerstes Bedürfnis, auch wegen seiner Überzeugung, dass die Malerei die Bilder in ihrer Einzigartigkeit liefert, die Flut der Bilder aus Gesellschaft, Politik, Natur, Sport usw., sie wiederholt sich – die Protagonisten sind austauschbar – die Füchse von Franz Marc nicht.

Mannheim⇒Hamburg⇒Stade
Das altehrwürdige Stade trägt viele Titel: Hansestadt, Kreisstadt, selbständige Gemeinde, die Elbe ist nah und das Flüsschen Schwinge mittendrin. Stade könnte meine Lieblingsstadt sein.


An einem Sonntag, dem Pfingstsonntag 2015, packte ich in Herrgottsfrühe mich und meine Utensilien zusammen und reiste mit den öffentlichen Verkehrsanbindungen in die noch ruhende Stadt. An der Station Hammerbrook in HH nur Leere, bis auf einen Nachtschwärmer, der seinen Rausch ausschlief. Ich schob mein Fahrrad in einen dafür gekennzeichneten Waggon. Von der S-Bahn aus entschwand der Hamburger Hafen. Ich fing an wie wild zu knipsen. Abschiedsaufnahmen. Ich kam mir vor wie auf Heimreise; entlang einer vorbei rauschenden Industrie-, Hafen- und Verkehrslandschaft …
Eine Stunde Zugfahrt, über Buxtehude. Begrüsst wurde ich von der Kirche St. Wilhadi, wo zurzeit Instandsetzungsarbeiten am Aussenmauerwerk des Kirchenschiffes durchgeführt werden:


Am Wilhadikirchhof ein weiteres schönes Gemäuer, der Sitz des Amts- und Landgerichts Stade:

Gegenüber eine Gedenktafel:
Wir riskieren einen Blick in die noch leere Fussgängerzone:

Weiter geht die City-Rundfahrt mit dem Rad und auch per Pedes:

Noch herrscht Ruhe im Örtchen …



So schwunglos die Schwinge meist ist, im Hafen geht es anders zur Sache, was am Stader Reichtum liegt:
Für ein Abschiedsfoto (Blick zurück zur Kirche St. Cosmae et Damiani) reichte es noch. Im Hafen und dem Drumherum deutete es sich bereits an. Erstes tolles Wetter seit vielen Tagen, dazu Pfingsten, die Menschen strömten zuhauf ins Freie, in die Wirtschaften, in die Natur, auf die Strassen und Rad- und Fusswege.
Ich flüchtete Richtung Atomkraftwerk Stade:
Am Strand der Elbe bot sich ein schönerer (?) Ausblick auf das stillgelegte Kraftwerk:
An der Elbe lebt die Welt:
Und auch an den Deichen … Der Schnitter …
Am Ende meiner Tour landete ich am Elbgrill, da gibt es die herrlichsten Pommes frites Norddeutschlands:
Cranz winkte zu mir herüber und ich bestieg den Bus nach Altona:
Ende: © Franz Bellmann, morgen mache ich mit einem anderen Artikel weiter …

Mannheim⇒Hamburg⇒Elmshorn
Elmshorn versteht sich als modernes Einkaufszentrum, und altwürdige Industrie liegt gleich am Hafen, wo sonst. Gespeist vom Flüsschen Krückau. Ein äusserst idyllisches Gelände mit umtriebigen KFZ-Hin- und Her. Im Hafen liegt ein Einmaster: die Gloria. In der nicht allzu weiten Ferne: eine Klappbrücke. Wo ich Unterstand fand. Während eines kurzen Schauers. Ein(e?) Ruderer müht sich durch den Regen und kommt wenige Minuten darauf zurück⇓:

Na ja, soll vorkommen. Ich bin da. Wo sollte ich sonst sein. In meine Gedanken und Augen schwebt meine Liebe ein. Sie rudert grad vorbei und verschwindet in der unendlichen Ferne der Krückau. Irgendwann wird sie wieder erscheinen, dann ist die Unbill vorbei.
In Bachnähe findet der Neugierige einen Generator mit Dampfkessel und zugehöriger Maschine mit 330 PS, ausgewiesen als Industriedenkmal. Die Errichtung des Denkmals oblag einer privaten Initiative.

Historisierende und urlaubende Feingeister gewinnen dem wenig ab, sie reisen als Touristen lieber nach Erbach, Wissembourg oder in die Algarve, da gibt es weniger nutzbringende Einkaufsweisen und Versorgungskonsumenten als in Elmshorn zu bestaunen⇓:
Oder: Wer fährt zum Einsiedler Hof?
Keiner!